21.11.2024
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Dokument-Nr. 27602

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Urteil24.04.2018BundessozialgerichtB 4 AS 19/17 R
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2018, 2512Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 2512
  • NZS 2018, 626Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS), Jahrgang: 2018, Seite: 626
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Sozialgericht Lübeck, Urteil23.10.2013, S 40 AS 785/12
  • Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urteil20.01.2017, L 3 AS 195/13
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil24.04.2018

BSG: Jobcenter kann zur Kostenübernahme einer Lernförderung zur Behebung einer Lese-Rechtschreib-Schwäche eines Schülers verpflichtet seinLernschwäche muss nicht nur kurzzeitigen und ver­setzungs­gefährdenden vorliegen

Liegt bei einem Schüler eine diagnostizierte Lese-Rechtschreib-Schwäche vor, so kann das Jobcenter verpflichtet sein, die Kosten eines Volks­hoch­schul­kurses zur Behebung der Lese-Rechtschreib-Schwäche als Leistung zur Lernförderung zu übernehmen. Die Lernförderung setzt nicht voraus, dass eine nur kurzzeitige und ver­setzungs­gefährdende Lernschwäche vorliegt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­sozial­gerichts hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall litt ein Schüler auf einer Gemein­schafts­schule unter einer Lese-Rechtschreib-Schwäche. Sowohl der Schüler als auch seine Mutter bezogen ALG-II-Leistungen. In der Zeit von April 2012 bis Juli 2014 nahm der Schüler an einem Unterricht zur Lese- und Recht­schreib­för­derung an einer Volkshochschule teil. Der Unterricht dauerte einmal in der Woche 90 Minuten und kostete 56 bis 89 Euro pro Monat. Die Mutter des Schülers beantragte die Übernahme der Kosten durch das Jobcenter. Dieses lehnte aber die Kostenübernahme ab. Es begründete dies zum einen damit, dass aufgrund eines Notenschutzes der Schüler für Recht­schreib­leis­tungen keine Fachnoten erhielt und aufgrund dessen seine Versetzung nicht gefährdet war. Zum anderen könne eine Leistung zur Lernförderung nur übernommen werden, wenn eine vorübergehende kurzzeitige Lernschwäche vorliege. Die Mutter des Schülers sah dies anders und erhob Klage.

Sozialgericht und Landes­so­zi­al­gericht geben Klage statt

Sowohl das Sozialgericht Lübeck als auch das Landes­so­zi­al­gericht Schleswig-Holstein gaben der Klage statt. Aus Sicht des Landes­o­zi­al­ge­richts setzte eine Lernförderung nicht voraus, dass die Versetzung gefährdet ist und eine nur kurzzeitige Lernschwäche vorliegt. Eine Lernförderung sei auch für eine längere Zeit zu gewähren, wenn dies erforderlich ist, um einen gleich­be­rech­tigten Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Lernziel sei auch nicht die Versetzung, sondern der Erwerb der Fähigkeiten Lesen und Schreiben. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Jobcenters.

Bundes­so­zi­al­gericht verneint ebenfalls Erfordernis einer nur kurzzeitigen und verset­zungs­ge­fähr­denden Lernschwäche

Das Bundes­so­zi­al­gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz dahingehend, dass eine Lernförderung nicht voraussetze, dass eine nur kurzzeitige und verset­zungs­ge­fährdende Lernschwäche vorliege. Lernziel der Lernförderung sei das Erreichen der Kulturtechniken Lesen und Schreiben und nicht die Versetzung in die nächsthöhere Klasse. Es solle die Basis für Chancen­gleichheit hergestellt werden. Zugleich solle vermieden werden, dass schulpflichtige Kinder von ALG-II-Beziehern in ihren Möglichkeiten eingeschränkt werden, später ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können und am gesell­schaft­lichen Leben teilzuhaben.

Fehlende Prüfung der Ausprägung der Lese-Rechtschreib-Schwäche sowie der Erfor­der­lichkeit des Volks­hoch­schul­kurses

Das Bundes­so­zi­al­gericht konnte in der Sache aber nicht abschließend entscheiden, da das Landes­so­zi­al­gericht nicht festgestellt habe, welche Ausprägung die Lese-Rechtschreib-Schwäche hat und ob ausgehend davon der Volks­hoch­schulkurs erforderlich und geeignet ist die Lese-Rechtschreib-Schwäche zu beheben und die Kosten angemessen sind. Der Fall wurde daher zurückverwiesen.

Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (vt/rb)

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