24.11.2024
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Dokument-Nr. 13427

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss28.02.2012

Bildungspaket: Schüler hat Anspruch auf außerschulische Lernförderung bei Recht­schreib­schwächeAußerschulische Lernförderung als Sonderbedarf vom Anspruch auf Sicherung eines menschen­würdigen Existenzminimus erfasst

Schüler können auch dann gegen das Jobcenter einen Anspruch auf schulische Angebote ergänzende Lernförderung haben, wenn sie zwar im Fach Deutsch die Schulnote 3 erhalten haben, im Bereich der Rechtschreibung aber nur über ein unter­durch­schnitt­liches Leistungs­vermögen verfügen. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen.

Im vorliegenden Fall war das unter­durch­schnittliche Leistungs­vermögen zweier Kinder, die die 6. und 8. Klasse einer Hauptschule besuchen, im Bereich der Rechtschreibung im Rahmen einer Recht­schreib­testung nachgewiesen und der Förderbedarf - 4 Stunden pro Woche je Kind - durch die Lehrer bestätigt worden.

Jobcenter: Anspruch auf Lernförderung besteht nur bei gefährdeter Versetzung der Kinder durch Lernschwäche

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat der Auffassung des Jobcenters widersprochen, wonach die Lernförderung hinsichtlich der Recht­schreib­schwäche nicht mehr von § 28 Abs. 5 SGB II gedeckt sei, da hierfür eine besonders intensive, andauernde Förderung notwendig sei. Außerdem müsse nach Auffassung des Jobcenters die Versetzung durch die Lernschwäche der Kinder gefährdet sein, um einen Anspruch auf die Lernförderung zu haben. Dies war vorliegend aber nicht der Fall. Auch diesem Argument hat sich das Gericht nicht angeschlossen.

Jobcenter muss Lernförderung im Umfang von 2 mal 2 Unter­richts­s­tunden wöchentlich je Kind bis zum Schuljahresende bezahlen

Allerdings konnte das Gericht in dem vorliegenden Eilverfahren nicht den genauen Umfang und die Dauer der Lernförderung ermitteln, da die Lernförderung ihr Ziel nur erreichen kann, wenn Sie zeitnah einsetzt. Das Gericht hat im Wege einer Folgenabwägung ausgeführt, dass die außerschulische Lernförderung als Sonderbedarf vom Anspruch auf Sicherung eines menschen­würdigen Existenzminimus erfasst wird. Das Gericht hat sich daher auf die Empfehlung der Lehrer gestützt. Das Jobcenter muss nun vorläufig aufgrund des Gerichts­be­schlusses im einstweiligen Rechtsschutz die Lernförderung im Umfang von 2 mal 2 Unter­richts­s­tunden wöchentlich je Kind bis zum Schuljahresende bezahlen.

Fähigkeit zum Schreiben hat Auswirkung auf Leistung in allen Schulfächern und wesentlichen Lebensbereichen

Das Landes­so­zi­al­gericht führte weiter aus, dass die Hauptschule, nach dem nieder­säch­sischen Schulgesetz (§ 9 Abs.1 NSchG), unter anderem elementare Kulturtechniken, zu denen auch Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben gehören, stärkt. Daher können Schülerinnen und Schüler nach § 28 Abs. 5 Sozial­ge­setzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II) auch dann einen Anspruch auf schulische Angebote ergänzende Lernförderung haben, wenn sie in dem Fach Deutsch zwar die Schulnote 3 haben, die Recht­schreib­fä­hig­keiten aber unter­durch­schnittlich sind. Die Schule hatte bestätigt, dass die Recht­schreibnote nur zu 10 % in die Gesamt­deut­schnote einfließt. Das Gericht hat berücksichtigt, dass sich gerade die Fähigkeit zu Schreiben auf die Leistung in allen Schulfächern und vor allem in wesentlichen Lebensbereichen auswirkt. Dies gilt besonders auch für die Erlangung eines Ausbil­dungs­platzes, die weitere Entwicklung im Beruf und damit die Fähigkeit, später seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können.

Hinweise zur Rechtslage:

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) ausgeführt, dass notwendige Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten zum existenziellen Bedarf schul­pflichtiger Kinder gehören.

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1. Januar 2011 § 28 SGB II eingeführt.

§ 28 Abs. 5 SGB II lautet:

§ 28 Bedarfe für Bildung und Teilhabe

[...]

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schul­recht­lichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.

[...]

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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