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- Landessozialgericht Baden-Württemberg, , L 12 AS 264/09
Bundessozialgericht Urteil27.08.2011
Hartz IV-Empfänger hat Anspruch auf Wertersatz bei rechtswidrigem Ein-Euro-JobBundessozialgericht stärkt Rechte von Ein-Euro-Jobbern
Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die vom zuständigen Jobcenter rechtswidrige Ein-Euro-Jobs vermittelt bekommen, können mehr Geld für ihre Arbeit vom JobCenter fordern. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin Zahlung von Arbeitsentgelt für Tätigkeiten, die sie in der Zeit vom 7. März 2005 bis 6. September 2005 im Rahmen einer von dem beigeladenen Jobcenter veranlassten Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung bei einem Träger der freien Wohlfahrtspflege verrichtet hat.
Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses in Vorinstanzen erfolglos
Die im Jahre 1964 geborene Klägerin erhielt laufend Arbeitslosengeld II. Mit Schreiben vom 2. Februar 2005 schlug ihr der Beigeladene eine "Beschäftigungsgelegenheit für Arbeitslosengeld II-Bezieher" unter Benennung unterschiedlicher Tätigkeiten bei der Beklagten mit einer Arbeitszeit von 15-20 Stunden und einer Angabe zu "Lohn/Gehalt: 1 Euro" vor. Die Klägerin übte daraufhin eine Tätigkeit als Reinigungskraft in einem Altenheim mit einem Umfang von 20 Stunden pro Woche aus, die auf sechs Monate befristet war und für die eine Mehraufwandsentschädigung je geleisteter Beschäftigungsstunde in Höhe von 2 Euro gewährt wurde. Eine Klage der Klägerin gegen die Beklagte vor den Arbeitsgerichten auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses hatte keinen Erfolg. Die weitere, auf Zahlung von Arbeitslohn gerichtete Klage verwies das Arbeitsgericht an das Sozialgericht. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
LSG muss neu entscheiden
Das Bundessozialgericht hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
BSG: Kein Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung
Keinen Erfolg hatte der Hauptantrag der Klägerin, mit dem sie gegen die Beklagte Vergütungsansprüche geltend macht. Ansprüche der Klägerin auf Arbeitsentgelt bestehen nicht, weil ihrer Beschäftigung kein Arbeitsverhältnis zugrunde lag. Sie hat in diesem Zeitraum vielmehr eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung wahrgenommen; derartige Arbeiten begründen nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung kein Arbeitsverhältnis. Das Vorliegen einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung ergibt sich aus den näheren Umständen des Zustandekommens sowie der Durchführung der Tätigkeit. Das Jobcenter hat die Arbeiterwohlfahrt mit Bewilligungsbescheid vom 21. Januar 2005 ausdrücklich mit der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung beauftragt. Der Beigeladene hat der Klägerin mit Zuweisungsschreiben vom 2. Februar 2005 eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung für Arbeitslosengeld II-Bezieher vorgeschlagen und mit der reduzierten Arbeitszeit und der Höhe der Mehraufwandsentschädigung Merkmale einer Arbeitsgelegenheit benannt. Die auf Veranlassung des Jobcenters verrichtete Tätigkeit stellte deshalb eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung dar. Es liegt keine Fallgestaltung vor, in der wegen eines gelösten Zusammenhangs zwischen der Vermittlung in eine Arbeitsgelegenheit und gänzlich abweichenden Tätigkeitsinhalten ein Arbeitsentgeltanspruch möglich sein könnte.
Zusätzliche Arbeiten beim Ein-Euro-Job nicht feststellbar
Hinsichtlich des Hilfsantrags der Klägerin auf Wertersatz für die geleistete Arbeit im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gegen das beigeladene Jobcenter ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung an das Landessozialgericht begründet. Die für einen Erstattungsanspruch erforderliche Vermögensmehrung kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn es an einer "Zusätzlichkeit" der Arbeitsgelegenheit fehlt. Da die Arbeit dann in Erfüllung einer Aufgabe erbracht worden ist, die in jedem Fall hätte durchgeführt werden müssen, ist beim begünstigten Jobcenter durch die ersparten, aber notwendig gewesenen Aufwendungen zur Erfüllung dieser Aufgabe ein Vermögensvorteil entstanden. Der Senat konnte auf Grund der Feststellungen des Landessozialgerichts nicht abschließend beurteilen, ob die von der Klägerin verrichteten Reinigungsarbeiten zusätzlich waren. Soweit es zu einer Vermögensmehrung insoweit gekommen sein sollte, muss sich das Jobcenter die von der Klägerin erbrachte Leistung ungeachtet des Umstandes zurechnen lassen, dass die Arbeitsgelegenheit bei der Arbeiterwohlfahrt durchgeführt worden ist.
Konkrete Beschreibung auszuübender Tätigkeit unverzichtbar im Zuweisungsschreiben
Kommt das Landessozialgericht zu dem Ergebnis, dass eine Zusätzlichkeit der Reinigungsarbeiten zu verneinen ist, wird es weiter zu prüfen haben, ob diese Vermögensverschiebung ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Als Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung kommen grundsätzlich ein bestandskräftiger Zuweisungsbescheid bzw eine Eingliederungsvereinbarung in Betracht. In dem an die Klägerin gerichteten Zuweisungsschreiben kann mangels abschließender Regelung kein Verwaltungsakt gesehen werden. Die hier fehlende Benennung der von dem Hilfebedürftigen konkret auszuübenden Tätigkeit ist unverzichtbar, weil allein das Jobcenter für die Eignung der Maßnahme im Sinne einer Eingliederung des Leistungsberechtigten verantwortlich bleibt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.08.2011
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
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