15.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil23.10.2014

Wohnungs­eigen­tümer­gemein­schaften müssen keine Insolvenzgeld-Umlage für angestellte Beschäftigte zahlenGläubigern haben aber selbständigen, unmittelbaren Haftungs­an­spruch gegen jeden einzelnen Wohnungs­ei­gentümer

Wohnungs­eigentums­gemein­schaften können nicht zur Zahlung einer Insolvenzgeld-Umlage für die von ihnen zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung des gemein­schaft­lichen Eigentums Beschäftigten (Hausmeister, Reini­gungs­kräfte, usw.) herangezogen werden. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden und damit die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungs­ei­gen­tums­gesetz, WEG). Streitig ist, ob die beklagte Deutsche Renten­ver­si­cherung Knappschaft-Bahn-See sie zur Zahlung der Umlage für das Insolvenzgeld heranziehen darf.

Sachverhalt

Die klagende Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft beschäftigt seit Oktober 2005 zur Instandhaltung, Instandsetzung und Reinigung des gemein­schaft­lichen Eigentums ein Ehepaar als Hausmeister im Rahmen geringfügiger Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse und entrichtet deswegen die in der gesetzlichen Kranken- und Renten­ver­si­cherung gültigen Pauschal­beiträge. Die für die Einziehung der Insolvenzgeld-Umlage bei geringfügigen Beschäftigungen zuständige Deutsche Renten­ver­si­cherung Knappschaft-Bahn-See stellte dem Grunde nach fest, dass die Klägerin neben den bisher entrichteten Beiträgen auch die Insolvenzgeld-Umlage zu zahlen habe.

LSG: Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft ist nicht zur Zahlung der Insolvenzgeld-Umlage verpflichtet

Das Sozialgericht Darmstadt hat den Feststel­lungs­be­scheid aufgehoben. Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht hat die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin sei nicht zur Zahlung der Insolvenzgeld-Umlage verpflichtet. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiter eine Abweisung der Klage. Weder seien die nach dem Wortlaut des § 358 Abs. 1 S 2 SGB III erforderlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Umlagepflicht erfüllt noch gebe es Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke. Bei der Einführung des Konkurs­aus­fa­llgelds habe der Gesetzgeber möglichst viele Beitragszahler in die Umlagepflicht einbeziehen wollen. Das Festhalten an dem eng gefassten Befrei­ung­s­tat­bestand spreche für eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Privilegierung von Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften, zumal sich die Rechtsprechung immer wieder mit dem Problem der Umlagepflicht der Arbeitgeber befasst habe. Da sich der Gesetzgeber bis heute zu keiner Neuregelung entschlossen habe, sei davon auszugehen, dass die Umlagelast weiter auf möglichst viele Beitrags­schuldner verteilt werden solle.

Durchführung eines Insol­venz­ver­fahrens über das Verwal­tungs­vermögen von Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften ausgeschlossen

Das Bundes­so­zi­al­gericht entschied, dass Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften zwar im Rahmen der Verwaltung des gemein­schaft­lichen Eigentums Arbeitgeber von Beschäftigten (Hausmeistern oder Reini­gungs­kräften usw.) und insoweit unter anderem zur Zahlung von Sozia­l­ver­si­che­rungs­bei­trägen verpflichtet sein können. Darüber hinaus können sie aber nicht zur Zahlung der Insolvenzgeld-Umlage herangezogen werden, weil es gesetzlich ausgeschlossen ist, dass über das Verwal­tungs­vermögen von Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften ein Insol­venz­ver­fahren stattfindet. Demzufolge kann auch kein Insol­ven­ze­r­eignis verbunden mit Ansprüchen auf Zahlung von Insolvenzgeld an Beschäftigte eintreten.

Beschäftigter hat Entloh­nungs­an­spruch gegen jeden einzelnen Wohnungs­ei­gentümer

Die von einer Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft im Rahmen der Verwaltung des gemein­schaft­lichen Eigentums Beschäftigten (Hausmeister, Reini­gungs­kräfte etc.) werden dadurch aber nicht schutzlos gestellt: Zum Ausgleich dafür, dass Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaften als solche nicht insolvent werden können, hat der Gesetzgeber den Gläubigern der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft einen selbständigen, unmittelbaren Haftungs­an­spruch gegen jeden einzelnen Wohnungseigentümer eingeräumt. Dieser führt in Fällen wie dem vorliegenden im Ergebnis zu einem Entloh­nungs­an­spruch der Beschäftigten gegen jeden der Wohnungs­ei­gentümer.

Hinweise zur Rechtslage:

Erläuterungen

§ 358 Abs. 1 SGB III: Aufbringung der Mittel

Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden durch eine monatliche Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht.

Der Bund, die Länder, die Gemeinden sowie Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, über deren Vermögen ein Insol­venz­ver­fahren nicht zulässig ist, und solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungs­fä­higkeit sichert, und private Haushalte werden nicht in die Umlage einbezogen.

§ 11 Abs. 3 Wohnungs­ei­gen­tums­gesetz (WEG):

Ein Insol­venz­ver­fahren über das Verwal­tungs­vermögen der Gemeinschaft findet nicht statt.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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