21.11.2024
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Dokument-Nr. 25335

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Beschluss29.11.2017BundesgerichtshofXII ZB 459/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2018, 471Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 471
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Schöneberg, Beschluss11.01.2016, 71b III 426/15
  • Kammergericht Berlin, Beschluss06.09.2016, 1 W 109/16
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss29.11.2017

Mann-zu-Frau-Transsexuelle kann für ein mit ihrem Samen gezeugtes Kindes rechtlich nur als Vater anerkannt werdenRechtliche Zuweisung von Vater und Mutter verstößt nicht gegen Grundrechte von transsexuellen Personen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle, mit deren konserviertem Spendersamen ein Kind gezeugt wurde, rechtlich nur die Vater- und nicht die Mutterstellung erlangen kann.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beteiligte zu 1 ist transsexuell. Der Beschluss über die Feststellung ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht ist seit August 2012 rechtskräftig. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben im September 2015 eine eingetragene Leben­s­part­ner­schaft begründet. Zuvor hatte die Beteiligte zu 2 im Juni 2015 das betroffene Kind geboren. Dieses war nach dem Vortrag der Beteiligten mit dem konservierten Samen der Beteiligten zu 1 gezeugt worden. In einer notariellen Urkunde hatte diese noch vor der Geburt mit Zustimmung der Beteiligten zu 2 anerkannt, Mutter des Kindes zu sein.

Standesamt lehnt Eintragung beider Beteiligter als "Mutter" im Gebur­ten­re­gister ab

Das Standesamt hat die Geburt des Kindes im Geburtenregister mit dem Inhalt beurkundet, dass die Beteiligte zu 2 dessen Mutter ist. Die Eintragung der Beteiligten zu 1, die ebenfalls als Mutter eingetragen werden will, hat es abgelehnt. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2, das Standesamt anzuweisen, auch die Beteiligte zu 1 als Mutter einzutragen, zurückgewiesen. Das Kammergericht hat die dagegen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer Rechts­be­schwerde verfolgen sie ihr Begehren weiter, dass auch die Beteiligte zu 2 als Mutter eingetragen wird.

Rechts­ver­hältnis zwischen Transsexuellen und deren Kindern bleibt unberührt

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung des Kammergerichts. Zwar richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten ab Rechtskraft der Entscheidung, dass ein Transsexueller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, gemäß § 10 Abs. 1 TSG nach dem neuen Geschlecht, wenn durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Nach § 11 Satz 1 TSG lässt eine solche Entscheidung das Rechts­ver­hältnis zwischen ihm und seinen Kindern allerdings unberührt. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Vorschrift des § 11 Satz 1 TSG auch für solche leiblichen Kinder eines Transsexuellen gilt, die erst nach der Entscheidung über die Änderung der elterlichen Geschlechts­zu­ge­hö­rigkeit geboren worden sind. Durch die Regelung wird gewährleistet, dass der biologisch durch Geburt oder Zeugung festgelegte rechtliche Status als Mutter oder Vater des Kindes gesichert und einer Veränderung nicht zugänglich ist (vgl. Bundes­ge­richtshof, Beschluss v. 06.09.2017 - XII ZB 660/14 -).

Rechtliche Mutter ist nur das Kind gebärende Frau

Rechtliche Mutter des Kindes ist abstam­mungs­rechtlich dementsprechend nur die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB). Als dem Fortpflan­zungs­beitrag der Mann-zu-Frau-Transsexuellen durch Samenspende entsprechende Form der Eltern­schafts­be­tei­ligung ist mithin nur die Begründung der Vaterschaft möglich (§ 1592 BGB). Die von ihr stattdessen ausdrücklich erklärte Mutter­schafts­a­n­er­kennung konnte daher keine Wirksamkeit erlangen.

Rechtliche Zuweisung von Vater und Mutter steht im Einklang mit Grundgesetz

Es verstößt nicht gegen Grundrechte der transsexuellen Person, dass ihr das geltende Abstam­mungsrecht - ungeachtet des Umstands, dass sie nunmehr als dem anderen Geschlecht zugehörig gilt - den sich aus dem früheren Geschlecht und dem diesem entsprechenden spezifischen Fortpflan­zungs­beitrag ergebenden rechtlichen Elternstatus zuweist. Das Transsexuellengesetz stellt daher sicher, dass den betroffenen Kindern trotz der rechtlichen Geschlecht­s­än­derung eines Elternteils rechtlich immer ein Vater und eine Mutter zugewiesen werden, und steht im Einklang mit dem Grundgesetz.

§ 10 TSG Wirkungen der Entscheidung

(1) Von der Rechtskraft der Entscheidung an, dass der Antragsteller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, richten sich seine vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten nach dem neuen Geschlecht, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. [...]

§ 11 TSG Eltern-Kind-Verhältnis

1 Die Entscheidung, dass der Antragsteller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, lässt das Rechts­ver­hältnis zwischen dem Antragsteller und seinen Eltern sowie zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern unberührt, bei angenommenen Kindern jedoch nur, soweit diese vor Rechtskraft der Entscheidung als Kind angenommen worden sind. [...]

§ 1591 BGB Mutterschaft

Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.

§ 1592 BGB Vaterschaft

Vater eines Kindes ist der Mann,

1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,

2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder

3. dessen Vaterschaft nach § 1600 d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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