21.11.2024
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Bundesgerichtshof Beschluss20.04.2016

Gleich­geschlechtliche Ehe: Eltern-Kind-Zuordnung nach südafri­ka­nischem Recht ist in Deutschland anzuerkennenAuslandsgeburt ist im deutschen Gebur­ten­re­gister einzutragen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die gesetzliche Regelung im südafri­ka­nischen Recht, nach der bei einer gleich­geschlecht­lichen Ehe die Ehefrau der Mutter mit der Geburt kraft Gesetzes zweiter Elternteil (sogenannte Co-Mutter) des Kindes wird, in Deutschland anzuerkennen ist.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beteiligte zu 1, die die deutsche und südafrikanische Staats­bür­ger­schaft besitzt, und die Beteiligte zu 2, die südafrikanische Staatsbürgerin ist, leben in Südafrika und schlossen dort im Januar 2008 eine gleichgeschlechtliche Ehe ("civil union type marriage"). Die Beteiligte zu 2 hat 2010 das betroffene Kind geboren, das aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses beider Partnerinnen durch künstliche Befruchtung gezeugt worden war. Unter Berufung auf das südafrikanische Recht beantragten die Partnerinnen die Eintragung der Auslandsgeburt im deutschen Gebur­ten­re­gister. Das Standesamt (Beteiligter zu 4) lehnte die Beurkundung ab. Der Antrag, das Standesamt zu der Beurkundung anzuweisen, wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Kindes und der Beteiligten zu 1 und 2 wies das Beschwer­de­gericht das Standesamt an, die Geburt des Kindes und die Beteiligten zu 1 und 2 als seine Eltern einzutragen. Dagegen legte die zuständige Standes­amts­aufsicht (Beteiligte zu 3) Rechts­be­schwerde ein.

Kind stammt im Rechtssinne von der Ehefrau der Mutter ab

Die Rechts­be­schwerde hatte keinen Erfolg. Die Auslandsgeburt ist nach § 36 Abs. 1 PStG* im deutschen Gebur­ten­re­gister einzutragen, weil das Kind im Rechtssinne von der Ehefrau der Mutter abstammt und es somit auch die für die Eintragung erforderliche deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit besitzt. Für die rechtliche Abstammung ist hier nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB** das Recht des Staates maßgeblich, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist im vorliegenden Fall das südafrikanische Recht, welches dem Kind beide Partnerinnen als Eltern zuordnet.

Für eingetragene Leben­s­part­ner­schaft vorgesehene Kappungsgrenze nicht anwendbar

Die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung scheitert nicht schon an der im deutschen Recht für eingetragene Leben­s­part­ner­schaften vorgesehenen sogenannten Kappungsgrenze (Art. 17 b Abs. 4 EGBGB***), nach der die Wirkungen einer im Ausland eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft kraft Gesetzes auf die vom deutschen Recht vorgesehenen Wirkungen begrenzt werden. Zwar ist auch eine im Ausland geschlossene gleich­ge­schlechtliche Ehe nach den Regeln über die eingetragene Leben­s­part­ner­schaft als ihrer Entsprechung im deutschen Recht zu beurteilen und die Regeln über die Ehe, die aus deutscher Sicht wegen der Gleich­ge­schlecht­lichkeit der Partner zu einer Unwirksamkeit der Eheschließung führen würden, sind nicht anwendbar. Die für eingetragene Leben­s­part­ner­schaften vorgesehene Kappungsgrenze greift aber deswegen nicht ein, weil die Zuordnung des Kindes zur Ehefrau der Mutter als besondere abstam­mungs­rechtliche Bestimmung, nicht aber als Wirkung der Leben­s­part­ner­schaft im Sinne von Art. 17 b Abs. 4 EGBGB anzusehen ist.

Gleich­ge­schlecht­lichen Lebenspartnern zugewiesene Elternstellung kann keine Verletzung des "ordre public" zur Folge haben

Die Anerkennung der südafri­ka­nischen Rechtslage scheitert auch nicht wegen Verstoßes gegen den sogenannten ordre public. Danach ist eine Anerkennung zu versagen, wenn das ausländische Recht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (Art. 6 EGBGB****). Eine gleich­ge­schlecht­lichen Lebenspartnern zugewiesene Elternstellung kann für sich genommen keine Verletzung des ordre public zur Folge haben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Verhältnisse einer rechtlich verfestigten gleich­ge­schlecht­lichen Partnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe. Das Kindeswohl steht mithin der Anerkennung nicht entgegen.

*§ 36 Abs. 1 PStG

Ist ein Deutscher im Ausland geboren oder gestorben, so kann der Perso­nen­standsfall auf Antrag im Gebur­ten­re­gister oder im Sterberegister beurkundet werden. [...]

** Art. 19 Abs. 1 EGBGB

Die Abstammung eines Kindes unterliegt dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. [...]

*** Art. 17 b Abs. 4 EGBGB

Die Wirkungen einer im Ausland eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft gehen nicht weiter als nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Leben­s­part­ner­schafts­ge­setzes vorgesehen.

**** Art. 6 EGBGB

Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Sie ist insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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