21.11.2024
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Dokument-Nr. 24604

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Urteil25.07.2017BundesgerichtshofXI ZR 260/15
Vorinstanzen:
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil29.05.2015, 10 U 35/13
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil17.01.2013, 5 O 168/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.07.2017

Preisklausel für smsTAN unwirksamBerechnung der TAN Nummer nur bei tatsächlicher Verwendung für Zahlungsauftrag

Die vorformulierte Klausel "Jede smsTAN kostet ,10 € (unabhängig vom Kontomodell)" in Bezug auf Verträge über Zahlungsdienste zwischen einem Kreditinstitut und Verbrauchern ist unwirksam. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im vorliegenden Rechtsstreit wendet sich ein Verbrau­cher­schutz­verband mit der Unter­las­sungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine von der beklagten Sparkasse verwendete Preisklausel für smsTAN. Der Verbrau­cher­schutz­verband behauptet, die Beklagte verwende in ihrem Preis­ver­zeichnis eine Klausel mit folgendem Wortlaut: "Jede smsTAN kostet ,10 € (unabhängig vom Kontomodell)". Er ist der Ansicht, diese Klausel verstoße gegen § 307 BGB*, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, eine Preisklausel für smsTAN zu verwenden, bestreitet aber, dass diese den vom Kläger behaupteten Wortlaut hat.

Klagen in Vorinstanzen erfolglos - BGH hebt Urteil auf

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberlan­des­gericht hat eine Preisklausel mit dem vom Kläger behaupteten Wortlaut als nicht der AGB-Kontrolle unterliegende sogenannte Preis­haupt­abrede eingeordnet und deshalb Feststellungen dazu, ob die Beklagte die beanstandete Klausel mit dem behaupteten Wortlaut in ihrem Preis­ver­zeichnis tatsächlich verwendet, für entbehrlich erachtet. Der Bundes­ge­richtshof hat aufgrund der zugelassenen Revision des Klägers das Urteil des Oberlan­des­ge­richts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Klageantrag muss beanstandete Bestimmungen der AGB im Wortlaut enthalten

Der Bundes­ge­richtshof hat die Unter­las­sungsklage für zulässig erachtet. Bei Klagen nach § 1 UKlaG muss der Klageantrag die beanstandeten Bestimmungen der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen im Wortlaut enthalten, anderenfalls ist die Klage unzulässig. Ist streitig, ob eine vom Kläger beanstandete Klausel in dieser Fassung vom Beklagten tatsächlich verwendet wird, reicht es für die Zulässigkeit der Klage aus, wenn unter Angabe des zugrun­de­lie­genden Lebens­sach­verhalts die Verwendung der bestimmten Klausel behauptet und deren konkreter Wortlaut im Klageantrag wörtlich wiedergegeben wird; ob die beanstandete Klausel in dieser Fassung tatsächlich Verwendung findet, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit der Klage. Den hiernach bestehenden Zuläs­sig­keits­vor­aus­set­zungen genügt vorliegend das Klagevorbringen.

Klausel enthält von Rechts­vor­schriften abweichende Regelung

Entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts unterliegt die beanstandete Klausel - deren Verwendung mit dem vom Kläger behaupteten Wortlaut durch die Beklagte mangels entgegen stehender Feststellungen im Revisi­ons­ver­fahren zu unterstellen war - gemäß § 307 Abs. 3 BGB* der Inhalts­kon­trolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB*, weil sie eine von Rechts­vor­schriften abweichende Regelung enthält.

Tatsächliche Verwendung der TAN laut Wortlaut der Klausel unerheblich

Die Klausel ist aufgrund ihres einschrän­kungslosen Wortlauts ("Jede smsTAN...") so auszulegen, dass sie ein Entgelt in Höhe von ,10 € für jede TAN vorsieht, die per SMS an den Kunden versendet wird, ohne dass es darauf ankommt, ob diese im Zusammenhang mit der Erteilung eines Zahlungs­auf­trages eingesetzt wird. Die Beklagte beansprucht danach etwa für jede TAN ein Entgelt, die zwar per SMS an den Kunden übersendet, von ihm aber z. B. auf Grund eines begründeten "Phishing"-Verdachts oder wegen der Überschreitung ihrer zeitlichen Geltungsdauer nicht verwendet wird. Ferner fällt nach der Klausel ein Entgelt auch dann an, wenn die TAN zwar zur Erteilung eines Zahlungs­auftrags eingesetzt werden soll, dieser aber der Beklagten wegen einer technischen Fehlfunktion gar nicht zugeht.

Bepreisung mit Entgelt bei nur tatsächlicher Erteilung eines Zahlungs­auf­trages

Mit dieser ausnahmslosen Bepreisung von "smsTAN" weicht die Klausel von § 675 f Abs. 4 Satz 1 BGB** ab. Danach kann ein Zahlungs­dienst­leister zwar für die Erbringung eines Zahlungs­dienstes das vereinbarte Zahlungsentgelt verlangen. Zu den Zahlungs­diensten, für die ein Entgelt erhoben werden kann, gehört auch die Ausgabe von Zahlungs­au­then­ti­fi­zie­rungs­mitteln, wie es das Online-Banking mittels PIN und TAN darstellt. In diesem Rahmen kann die Ausgabe einer per SMS übersendeten TAN aber nur dann als Bestandteil der Hauptleistung mit einem Entgelt nach § 675 f Abs. 4 Satz 1 BGB bepreist werden, wenn sie auch tatsächlich der Erteilung eines Zahlungs­auf­trages dient und damit als Teil des Zahlungs­au­then­ti­fi­zie­rungs­in­struments "Online-Banking mittels PIN und TAN" fungiert, weil von der Beklagten nur in diesem Fall ein entgelt­pflichtiger Zahlungsdienst erbracht wird.

Zahlungs­dienst­nutzer durch Klausel benachteiligt

Der danach eröffneten Inhalts­kon­trolle hält die Klausel nicht stand. Sie weicht entgegen dem Gebot des § 675 e Abs. 1 BGB*** zum Nachteil des Zahlungs­dienst­nutzers von den Vorgaben des § 675 f Abs. 4 Satz 1 BGB ab. Das Berufungs­gericht wird nunmehr die bislang unterbliebenen Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob die Beklagte die vom Kläger beanstandete Klausel "Jede smsTAN kostet ,10 € (unabhängig vom Kontomodell)" tatsächlich verwendet.

Erläuterungen

*§ 307 BGB Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, durch die von Rechts­vor­schriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

**§ 675 f BGB Zahlungs­diens­te­vertrag

...

(4) Der Zahlungs­dienst­nutzer ist verpflichtet, dem Zahlungs­dienst­leister das für die Erbringung eines Zahlungs­dienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungs­dienst­leister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungs­dienst­nutzer und dem Zahlungs­dienst­leister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungs­dienst­leisters ausgerichtet sein.

...

***§ 675 e Abweichende Vereinbarungen

(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf von den Vorschriften dieses Untertitels nicht zum Nachteil des Zahlungs­dienst­nutzers abgewichen werden.

...

Quelle: Bundesgerichtshof/ ra-online

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