18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 34426

Drucken
Urteil24.09.2024BundesgerichtshofXI ZR 111/23
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Bonn, Urteil24.08.2022, 103 C 191/21
  • Landgericht Bonn, Urteil09.05.2023, 5 S 75/22
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil24.09.2024

BGH zur Abtretbarkeit von Auskunfts­ansprüchen über Bankentgelte an Inkas­so­un­ter­nehmenAuskunfts­ansprüche über Bankentgelte an Inkas­so­un­ter­nehmen abtretbar

Der Bundes­ge­richtshof hat über die Revision eines Inkas­so­un­ter­nehmens gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Bonn über die Abtretbarkeit von Ansprüchen auf Auskunft über Bankentgelte entschieden.

Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen. Sie begehrt von der beklagten Bank aus abgetretenem Recht im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die von einer Kundin der Bank geleisteten Entgelte, um anschließend Rückzahlung rechtsgrundlos gezahlter Entgelte zu verlangen. Die Kundin schloss mit der Beklagten im Jahr 2012 einen Zahlungs­diens­terah­men­vertrag. Sie trat ausweislich einer Abtre­tungs­er­klärung vom August 2021 Erstat­tungs­ansprüche wegen unwirksamer Gebüh­re­n­er­hö­hungen und zu viel berechneter Entgelte sowie Ansprüche auf Zurver­fü­gung­s­tellung einer vollständigen Entgel­tauf­stellung seit Januar 2018 und auf Erteilung aktueller, vorangegangener und vorver­trag­licher Entgel­t­in­for­ma­tionen an die Klägerin ab. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Kundin die Abtre­tungs­er­klärung unterzeichnet hat. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Mitteilung vorver­trag­licher Entgel­t­in­for­ma­tionen und Zurver­fü­gung­s­tellung einer Aufstellung über sämtliche Entgelte, die seit Januar 2018 im Zusammenhang mit dem von der Kundin geschlossenen Zahlungs­diens­terah­men­vertrag angefallen sind. Das AG hat die Beklagte antragsgemäß auf der ersten Stufe zur Auskunft­s­er­teilung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungs­gericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.

Das Berufungs­gericht ist davon ausgegangen, dass die Auskunfts­ansprüche der Kundin gemäß § 399 Fall 1 BGB nicht wirksam abgetreten werden könnten, weil sie unter Berück­sich­tigung ihres Sinns und Zwecks und der Natur des Rechts­ver­hält­nisses, dem sie entstammten, gegenüber einem gewin­n­o­ri­en­tierten Inkas­so­un­ter­nehmen nicht ohne Inhaltsänderung erfüllt werden könnten. Die Auskunfts­ansprüche dienten dem Verbrau­cher­schutz sowie der Transparenz und Vergleich­barkeit von Konten für Verbraucher. Dieser Zweck könne nicht mehr erreicht werden, wenn die Ansprüche von einer Kapital­ge­sell­schaft zum Zweck des Gewinnstrebens geltend gemacht würden. Die Klägerin verfolgt ihr Auskunfts­ver­langen weiter und begehrt mit der Revision die Wieder­her­stellung des amtsge­richt­lichen Urteils.

Abtretung möglich

Der BGH hat entschieden, dass das Abtretungsverbot des § 399 Fall 1 BGB einer Abtretung der Auskunfts­ansprüche an das Inkas­so­un­ter­nehmen nicht entgegensteht. Die Ansprüche der Kundin gegen die Bank auf Erteilung vorver­trag­licher Entgel­t­in­for­ma­tionen aus § 675 d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB und aus § 5 ZKG waren allerdings mit Abschluss des Zahlungs­diens­terah­men­vertrags im Jahr 2012 durch Zeitablauf erloschen und konnten daher im Jahr 2021 nicht mehr an die Klägerin abgetreten werden. Als Gegenstand der streitigen Abtretung kommen jedoch Ansprüche der Kundin in Betracht, die dieser während der Vertrags­laufzeit zustehen. Das sind Ansprüche auf Erteilung von Entgel­t­in­for­ma­tionen nach § 675 d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB, auf Zurver­fü­gung­s­tellung von Entgel­tauf­stel­lungen aus § 10 ZKG und auf Auskunft­s­er­teilung aus § 675 c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB. Der Anspruch auf Zurver­fü­gung­s­tellung von Entgel­tauf­stel­lungen aus § 10 ZKG besteht in zeitlicher Hinsicht allerdings erst seit Inkrafttreten der Norm und damit seit dem 31. Oktober 2018.

Die Abtretung der genannten Auskunfts­ansprüche ist nicht gemäß § 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen. Die Auskunfts­ansprüche der Kundin haben keinen höchst­per­sön­lichen Gehalt, der einer Abtretung entgegenstünde. Die begehrten Auskünfte betreffen ausschließlich die von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Zahlungs­diens­terah­men­vertrag und dem Zahlungskonto erhobenen Entgelte und lassen keinen Rückschluss auf die persönliche Lebens­ge­staltung oder auf die perso­nen­be­zogenen Daten der Kundin zu. Es besteht auch kein besonderes schutzwürdiges Interesse der Beklagten, die entgelt­be­zogenen Informationen ausschließlich ihrer Kundin zu erteilen, wenn diese infolge einer Abtretung die Auskunft­s­er­teilung an einen Dritten wünscht. Durch die Abtretung verändert sich die von der Beklagten geschuldete Leistungs­handlung nicht.

Die Übertragung des Anspruchs aus § 10 ZKG scheitert auch nicht daran, dass der Anspruch nicht vom Verbraucher getrennt werden kann. Die Verbrau­che­rei­gen­schaft ist lediglich Voraussetzung für die Entstehung dieses Anspruchs. Der weitere Bestand des einmal entstandenen Auskunfts­an­spruchs hängt nicht vom Fortbestand der Verbrau­che­rei­gen­schaft ab.

Auch Zweck der Auskunfts­ansprüche spricht nicht für einen Abtre­tungs­aus­schluss

Auch der Zweck der Auskunfts­ansprüche spricht nicht für einen Abtre­tungs­aus­schluss nach § 399 Fall 1 BGB. Die Unter­rich­tungs­pflichten nach § 675 d Abs. 1 BGB und nach § 10 ZKG bezwecken nicht nur, dem Bankkunden einen Vergleich der Konditionen verschiedener Anbieter zu ermöglichen, sondern sollen dem Kunden auch eine Überprüfung ermöglichen, ob sich seine Bank vertragstreu verhält und ob ihm vernei­nen­denfalls Ansprüche gegen sie zustehen.

Das Berufungs­gericht wird sich nunmehr unter anderem mit der zwischen den Parteien im Streit stehenden Echtheit der Unterschrift der Kundin unter der Abtre­tungs­er­klärung und gegebenenfalls mit dem Einwand der Beklagten zu befassen haben, diese habe während des streit­ge­gen­ständ­lichen Zeitraums ihre Infor­ma­ti­o­ns­pflichten ordnungsgemäß erfüllt, indem sie der Kundin Kontoauszüge einschließlich vollständig aufgeführter Entgelte zur Verfügung gestellt habe.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil34426

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI