18.10.2024
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Dokument-Nr. 24611

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Bundesgerichtshof Urteil25.07.2017

BGH zur zulässigen Höhe von Anzahlungen bei PauschalreisenAnzah­lungs­klausel der TUI Deutschland GmbH

Das Berufungsteil zum Streit um die Frage, wie hoch bei bestimmten Pauschalreisen die geforderten Anzahlungen sein dürfen, wurde erneut aufgehoben und an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof bekanntgegeben.

Im vorliegenden Fall verlangt der Bundesverband der Verbrau­cher­zen­tralen und Verbrau­cher­verbände von der beklagten Reise­ver­an­stalterin TUI Deutschland GmbH, es zu unterlassen, beim Abschluss bestimmter Pauschalreisen eine Reisebedingung zu verwenden, die eine Anzahlung in Höhe von 40 % des Reisepreises vorsieht.

Verteidigung der Klausel in neuer Fassung nach teilweise Berufungs­rü­cknahme

Das Landgericht hat der Beklagten die Verwendung der konkreten Klausel untersagt. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlan­des­gericht zurückgewiesen. Auf die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen (Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 147/13, NJW-RR 2015, 618; vgl. Presse­mit­teilung Nr. 183/2014). Im wieder­er­öffneten Berufungs­ver­fahren hat die Beklagte die Berufung zum Teil zurückgenommen und die Klausel nur noch in folgender Fassung verteidigt:

"Bei Vertragsschluss wird bei Reisen der Marken X1-2-Fly und XTUI gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von 40 % des Gesamtpreises fällig".

OLG: Anzahlung von 40 % stellt Benachteiligung der Reisenden dar

Das Berufungs­gericht hat die verbliebene Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Reisenden würden durch eine Anzahlung in Höhe von 40 % des Reisepreises unmittelbar bei Vertragsschluss unangemessen benachteiligt. Die Beklagte habe zwar für die in Rede stehenden Reisen die Vorleis­tungs­quoten für die Geschäftsjahre 2013/14 und 2014/15 mit 47,1 % und 46 % berechnet, dabei aber aus Rechtsgründen nicht berück­sich­ti­gungs­fähige Provi­si­ons­zah­lungen an Reisebüros einbezogen. Nach deren Abzug verblieben Vorleis­tungs­quoten von 37,8 % und 36,6 %, die eine Anzahlung in der geforderten Höhe nicht rechtfertigen könnten. Zudem wiesen die Vorleistungen der Beklagten bei den Kosten für Flugbeförderung und Hotels eine zu große Bandbreite auf. Die für die Reisen der jeweiligen Marken gebildete durch­schnittliche Vorleis­tungsquote sei daher nicht, wie vom Bundes­ge­richtshof verlangt, für die Gesamtheit dieser Reisen repräsentativ.

BGH: Provi­si­ons­zah­lungen sind Aufwendungen des Reise­ver­an­stalters

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungs­urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache. Der Bundes­ge­richtshof hat die Provi­si­ons­zah­lungen an Reisebüros als Aufwendungen des Reise­ver­an­stalters angesehen, die dieser für die Beratung des Reisenden und die Planung der von diesem gebuchten Reise im zeitlichen Zusammenhang mit der Buchung erbringen muss. Die Zahlungen verringern folglich buchungsbezogen die liquiden Mittel des Reise­ver­an­stalters.

Kein Zusammenhang zwischen Art, Zuschnitt und Qualität der Reiseleistungen und Art und Weise der Flugbe­för­derungs(vor-)finanzierung

Hinsichtlich der Flugkosten, die die Beklagte nach ihrem Vortrag in etwa 90 % der Reisen vorfinanzieren muss und in etwa 10 % erst bei Durchführung der Reisen bezahlt, hat der Bundes­ge­richtshof es anders als das Berufungs­gericht nicht für erforderlich gehalten, bei der Bemessung der Höhe der Anzahlung zwischen beiden Fällen zu differenzieren. Denn es besteht kein Zusammenhang zwischen Art, Zuschnitt und Qualität der Reiseleistungen, die der Verbraucher bucht, und der Art und Weise, wie die Beklagte die Flugbeförderung finanziert und gegebenenfalls vorfinanziert. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Gesamtheit der Vorleistungen der Beklagten für die Flugbeförderung mit einem identischen Prozentsatz des Reisepreises auf die von der Gesamtheit der Reisenden der Kategorien X1-2-Fly und XTUI zu leistenden Anzahlungen umgelegt werden.

Klärungsbedarf bei "touristischen Vorleistungen"

Hinsichtlich der Vorleistungen, die die Beklagte gegenüber Hotelbetreibern erbringt ("touristische Vorleistungen"), bedarf es noch der Klärung durch das Berufungs­gericht, ob zwischen Reisen der Kategorien X1-2-Fly und XTUI und den übrigen von der Beklagten angebotenen Reisen oder innerhalb dieser Kategorien signifikante Unterschiede bei der Höhe der touristischen Vorleistungen bestehen, die es geboten erscheinen lassen, diese bei den Anzahlungen nicht mit einem einheitlichen Prozentsatz vom Reisepreis zu berücksichtigen, sondern insoweit zu differenzieren.

Quelle: Bundesgerichtshof/ ra-online

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