Dokument-Nr. 19222
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- MDR 2015, 263Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 263
- MMR 2015, 239Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2015, Seite: 239
- NJW 2015, 853Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 853
- Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil27.11.2012, 30 C 1637/12 und 30 C 1638/12
- Landgericht Frankfurt am Main, Urteil26.11.2014, 24 S 1/13 und 2-24 S 3/13
Bundesgerichtshof Urteil25.11.2014
Reisebüros müssen Insolvenzsicherung für Reiseveranstalter aus der EU nachweisenNachweis muss sich auf die konkreten Reisenden und die von ihnen gebuchte Reise beziehen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Reisevermittler verpflichtet ist, dann einen Nachweis einer für den Insolvenzfall des Reiseveranstalters geltenden Kundengeldabsicherung zu erbringen, wenn der Reiseveranstalter seinen Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union hat.
Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens buchten im Oktober 2011 über die Beklagte, die als Internet-Reisebüro tätig ist, bei einem niederländischen Reiseveranstalter eine viertägige Flusskreuzfahrt. Nach Erhalt der Rechnung und Reisebestätigung zahlten die Kläger den auf sie entfallenden Reisepreis an die Beklagte. Den Klägern wurde ein als Sicherungsschein bezeichnetes Dokument eines niederländischen Kundengeldabsicherers in Kopie vorgelegt. Weiterhin hatte sich die Beklagte bei dem Reiseveranstalter über das Bestehen einer Kundengeldabsicherung erkundigt. Wegen finanzieller Schwierigkeiten des niederländischen Reiseveranstalters fand die Kreuzfahrt nicht statt. Der Reiseveranstalter, der später Insolvenz anmeldete, zahlte den Reisepreis nicht zurück. Der niederländische Kundengeldabsicherer lehnte eine Erstattung des Reisepreises mit der Begründung ab, dass seine Haftung auf die auf dem niederländischen Markt angebotenen und abgeschlossenen Reisen beschränkt sei, wozu die Reise der Kläger nicht zähle.
Wissen um Existenz eines Sicherungsscheins ersetzt nicht Prüfung der räumlich uneingeschränkten Geltung
Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung des Reisepreises gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte sich die Beklagte vor Forderung oder Annahme des Reisepreises vergewissern müssen, dass den Klägern eine zweifelsfrei bestehende Absicherung des von ihnen gezahlten Reisepreises positiv nachgewiesen ist. Das Wissen um die Existenz eines Sicherungsscheins ersetze nicht die Prüfung seiner räumlich uneingeschränkten Geltung.
Reisevermittler muss vor Entgegennahme des Reisepreises auch für ein im EU-Ausland ansässigen Reiseveranstalter Bestehen einer Kundengeldabsicherung nachweisen
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen. Gemäß § 651 k Abs. 4 iVm Abs. 5 Satz 2 BGB* hat ein Reisevermittler wie die Beklagte auch hinsichtlich eines im EU-Ausland ansässigen Reiseveranstalter das Bestehen einer für den Insolvenzfall greifenden Kundengeldabsicherung nachzuweisen, bevor er den Reisepreis entgegen nimmt. Der Reisevermittler muss in diesem Fall zwar keinen Sicherungsschein vorlegen, wie er von inländischen Reiseveranstaltern gefordert wird. Gleichwohl muss sich der Nachweis für einen im EU-Ausland ansässigen Reiseveranstalter auf die konkreten Reisenden und die von ihnen gebuchten Reise beziehen. Die Wiedergabe einer dahingehenden Erklärung des Reiseveranstalters reicht dafür nicht aus. Diese Anforderungen hat die Beklagte im Streitfall nicht erfüllt.
* § 651 k BGB - Sicherstellung, Zahlung
Erläuterungen
[...](4) Reiseveranstalter und Reisevermittler dürfen Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde. Ein Reisevermittler gilt als vom Reiseveranstalter zur Annahme von Zahlungen auf den Reisepreis ermächtigt, wenn er einen Sicherungsschein übergibt oder sonstige dem Reiseveranstalter zuzurechnende Umstände ergeben, dass er von diesem damit betraut ist, Reiseverträge für ihn zu vermitteln. Dies gilt nicht, wenn die Annahme von Zahlungen durch den Reisevermittler in hervorgehobener Form gegenüber dem Reisenden ausgeschlossen ist.
(5) Hat im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Reiseveranstalter seine Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, so genügt der Reiseveranstalter seiner Verpflichtung nach Absatz 1 auch dann, wenn er dem Reisenden Sicherheit in Übereinstimmung mit den Vorschriften des anderen Staates leistet und dies den Anforderungen nach Absatz 1 Satz 1 entspricht. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass dem Reisenden die Sicherheitsleistung nachgewiesen werden muss.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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