18.10.2024
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Dokument-Nr. 18292

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Urteil28.05.2014BundesgerichtshofVIII ZR 94/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DAR 2014, 523Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2014, Seite: 523
  • jM 2015, 15 (Michael Jaensch)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2015, Seite: 15, Entscheidungsbesprechung von Michael Jaensch
  • MDR 2014, 883Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 883
  • NJW 2014, 3229Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 3229
  • NJW-Spezial 2014, 489 (Rainer Heß und Michael Burmann)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 489, Entscheidungsbesprechung von Rainer Heß und Michael Burmann
  • NZV 2015, 76Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2015, Seite: 76
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Stuttgart, Urteil16.08.2012, 10 O 223/10
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil02.03.2013, 4 U 149/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.05.2014

Mängel­beseitigungs­kosten von mehr als fünf Prozent des Kaufpreises rechtfertigen Rücktritt vom KaufvertragBGH zum Ausschluss des Rücktritts­rechts bei einem unerheblichen Sachmangel

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, unter welchen Umständen ein Sachmangel "unerheblich" im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB* ist, so dass der Käufer vom Kaufvertrag nicht zurücktreten kann. Die Richter entschieden, dass bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeits­schwelle in der Regel bereits dann erreicht ist, wenn der Mängel­beseitigungs­aufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet. Von einem geringfügigen Mangel, kann hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängel­beseitigungs­aufwand die vorgenannte flexible Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls begehrt von dem beklagten Autohaus die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen zum Preis von 29.953 Euro erworbenen Neuwagen. Nach der Übergabe des Fahrzeugs machte er verschiedene Mängel geltend, unter anderem Fehlfunktionen des akustischen Signals und das völlige Fehlen des optischen Signals der Einparkhilfe. Wegen der Mängel suchte er wiederholt das Autohaus der Beklagten und eine andere Vertrags­werkstatt auf und setzte schließlich - erfolglos - in Bezug auf einige Mängel, darunter die Mängel an der Einparkhilfe, eine letzte Frist zur Mängelbeseitigung. Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf schriftlich mit, die Einparkhilfe funktioniere nach einem vorangegangenen Nachbes­se­rungs­versuch einwandfrei und entspreche dem Stand der Technik. Der Kläger erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung, insgesamt 27.257,23 Euro.

Vorinstanzen verneinen Anspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag

Das Landgericht Stuttgart wies die Klage nach Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Berufungs­gericht hat unter Zugrundelegung des Sachver­stän­di­gen­gut­achtens festgestellt, das Fahrzeug sei insoweit mangelhaft, als die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und mit falschem Abstand zueinander eingebaut seien, was dazu führe, dass die Einparkhilfe immer wieder Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgebe. Der Mangel­be­sei­ti­gungs­aufwand betrage gemäß dem Gutachten des Sachver­ständigen 1.958,85 Euro. Der Rücktritt sei jedoch gemäß §§ 440, 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Mangel­be­sei­ti­gungs­kosten zehn Prozent des Kaufpreises nicht überstiegen und die in der Mangel­haf­tigkeit der Kaufsache liegende Pflicht­ver­letzung deshalb unerheblich, der Mangel also geringfügig sei. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision hatte Erfolg und führte zur Zurück­ver­weisung des Rechtsstreits an das Berufungs­gericht.

Für "geringfügigen Mangel" darf Mängel­be­sei­ti­gungs­aufwand Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigen

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass bei einem behebbaren Sachmangel die Erheb­lich­keits­schwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Rahmen der auf der Grundlage der Einzel­fa­l­lum­stände vorzunehmenden Inter­es­se­n­ab­wägung in der Regel bereits dann erreicht ist, wenn der Mängel­be­sei­ti­gungs­aufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet. Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber die übrigen Gewähr­leis­tungs­rechte ausschließt, kann hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängel­be­sei­ti­gungs­aufwand die vorgenannte flexible Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt. Eine generelle Erhöhung der Erheb­lich­keits­schwelle über diesen Prozentsatz hinaus ist mit dem durch den Geset­zes­wortlaut und durch die Geset­zes­ma­te­rialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln nicht zu vereinbaren. Die Erheb­lich­keits­schwelle von (nur) fünf Prozent des Kaufpreises steht im Einklang mit den Vorgaben der EU-Verbrauchs­gü­ter­kauf­richtlinie.**

Rücktritt vom Kaufvertrag im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen

Da im vorliegenden Fall bereits für die Beseitigung der vom Berufungs­gericht festgestellten Fehlfunktion der Einparkhilfe ein die oben genannte Erheb­lich­keits­schwelle übersteigender Aufwand in Höhe von 6,5 Prozent des Kaufpreises erforderlich ist und das Berufungs­gericht keine besonderen Umstände festgestellt hat, die es rechtfertigten, den Mangel gleichwohl ausnahmsweise als unerheblich anzusehen, ist der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und der Rechtsstreit zur Feststellung der Höhe der vom Käufer aufgrund des Rücktritts geschuldeten Nutzungs­ent­schä­digung an das Berufungs­gericht zurück­zu­ver­weisen.

*§ 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung

Erläuterungen
(5) [...] Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflicht­ver­letzung unerheblich ist.

**Art. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchs­gü­terkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12 - Verbrauchs­gü­ter­kauf­richtlinie)

(1) Der Verkäufer haftet dem Verbraucher für jede Vertrags­wid­rigkeit, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsgutes besteht.

(2) Bei Vertrags­wid­rigkeit hat der Verbraucher entweder Anspruch auf die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe des Absatzes 3 oder auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertrags­auf­lösung in Bezug auf das betreffende Verbrauchsgut nach Maßgabe der Absätze 5 und 6.

[...]

(5) Der Verbraucher kann eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder eine Vertrags­auf­lösung verlangen,

[...]

- wenn der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat oder

[...]

(6) Bei einer geringfügigen Vertrags­wid­rigkeit hat der Verbraucher keinen Anspruch auf Vertrags­auf­lösung.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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