18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil09.04.2008

BGH: Korrektur der Neben­kos­te­n­a­b­rechnung nur innerhalb JahresfristKein Neubeginn der Abrechungsfrist für die Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung durch Anerkenntnis des Mieters

Spätestens ein Jahr nach dem Abrech­nungs­zeitraum müssen Vermieter Neben­kos­te­n­a­b­rech­nungen in korrekter und verständlicher Form dem Mieter übergeben (gesetzliche Abrech­nungsfrist gem. § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB). Die Frist verlängert sich auch dann nicht, wenn zuvor eine unverständliche oder formal nicht korrekte Rechnung gestellt wurde. Das gilt auch dann, wenn der Mieter sich in der Vergangenheit mit einer Nachzahlung einverstanden erklärt hatte. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der unter anderem für das Wohnraum­mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob der Vermieter Betriebskosten nachfordern kann, wenn er dem Mieter zwar vor Ablauf der gesetzlichen Abrech­nungsfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB) keine formell ordnungsmäßige Abrechnung erteilt hat, der Mieter aber zuvor erklärt hat, er werde die Nachforderung begleichen.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Vermieterin einer von den Beklagten bis zum 31. Januar 2005 gemieteten Wohnung. Mit ihrem Kündi­gungs­schreiben vom 25. Oktober 2004 baten die Beklagten die Klägerin, ihnen die noch ausstehenden Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rech­nungen, unter anderem diejenige für das Jahr 2003, bis Ende März 2005 zukommen zu lassen. Mit Schreiben vom 5. November 2004 erteilte der Hausverwalter der Klägerin den Beklagten die Betriebskostenabrechnung für den Abrech­nungs­zeitraum 2003 mit einer Nachforderung von 602,84 €. Einer der Vertei­ler­schlüssel war wie folgt erläutert: "Umlage nach Quadratmeter Wohnflä­che*­Monate". Dazu heißt es: "Gesamtsumme 3816,00", "Ihr Anteil 1176,00"; in der Zeile darunter war die Zahl "12,00" aufgeführt. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten dem Hausverwalter im Dezember 2004 und Januar 2005 zugesagt, die Nachforderung zu begleichen. Anfang Februar 2005 machten die Beklagten geltend, die Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung sei unverständlich. Daraufhin präzisierte der Hausverwalter mit Schreiben vom 23. März 2005 den Vertei­ler­schlüssel.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.

Ursprüngliche Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung war unverständlich und damit formell nicht ordnungsmäßig

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung vom 5. November 2004 unverständlich und damit formell nicht ordnungsmäßig ist. Dem durch­schnitt­lichen Mieter erschließt sich nicht, dass die unter "Gesamtsumme" angeführte Zahl "3816,00" das Produkt aus der Gesamt­wohn­fläche des Hauses von 318,00 m² und den zwölf Monaten des Jahres sein soll. Ebenso wenig wird klar, dass sich die unter "Ihr Anteil" angegebene Zahl "1176,00" aus der Wohnfläche der vom Beklagten gemieteten Wohnung von 98,00 m² multipliziert mit zwölf Monaten ergeben soll.

Korrek­tu­r­ab­rechnung war verspätet

Die Korrek­tu­r­ab­rechnung vom 23. März 2005 war für den Abrech­nungs­rech­nungs­zeitraum 2003 verspätet, weil die Klägerin damit ihrer Verpflichtung aus § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB, die jährliche Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrech­nungs­zeitraums mitzuteilen, nicht genügt hat. Daher war die Klägerin gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB mit der Nachforderung aus der korrigierten Abrechnung ausgeschlossen.

Einjährige Abrech­nungsfrist ist eine Ausschlussfrist und kann im Interesse der Rechts­si­cherheit und Rechtsklarheit nicht verlängert werden

Die einjährige Abrech­nungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB ist gemäß dem sich daran anschließenden Satz 3 eine Ausschlussfrist. Selbst wenn die Beklagten dem Hausverwalter im Dezember 2004 den Ausgleich der Nachforderung zugesagt haben sollten, hat die Ausschlussfrist damit nicht neu begonnen. Die für das Verjäh­rungsrecht geltende Vorschrift des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wonach die Verjährung erneut beginnt, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch vor Ablauf der Verjäh­rungsfrist anerkennt, findet auf die Ausschlussfrist für die Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung keine entsprechende Anwendung. Der Zweck der Ausschlussfrist besteht darin, für Rechts­si­cherheit und Rechtsklarheit zu sorgen. Dieser Zweck steht ihrer vollständigen Erneuerung entgegen.

Soweit das Berufungs­gericht ein dekla­ra­to­risches Schuld­a­n­er­kenntnis der Beklagten verneint hat, ist dies von der Revision nicht angegriffen worden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 70/08 des BGH vom 09.04.2008

der Leitsatz

BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1, § 556 Abs. 3

a) Ist in der Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten (§ 556 Abs. 3 BGB) der Vertei­ler­schlüssel unverständlich, liegt ein formeller Mangel vor, der zur Unwirksamkeit der Abrechnung führt (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 17. November 2004 – VIII ZR 115/04, NJW 2005, 219, unter II 1 b).

b) Auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB ist § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entsprechend anwendbar.

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