18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 6740

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Urteil24.09.2008BundesgerichtshofVIII ZR 275/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2008, 1485Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2008, Seite: 1485
  • WuM 2008, 667Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2008, Seite: 667
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Schöneberg, Urteil09.06.2006, 109a C 555/05
  • Landgericht Berlin, Urteil14.09.2007, 63 S 207/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil24.09.2008

BGH: Mieter muss Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen des Fernwär­me­an­schlusses prinzipiell duldenKeine unzumutbarer Härte

Wenn Vermieter die Mietwohnung zur Energie­ein­sparung modernisieren wollen, müssen Mieter dies hinnehmen. Das geht aus einem Urteil des Bundes­ge­richtshofs hervor. Die Richter gaben einem Vermieter Recht, der die mit einer Gastherme beheizte Wohnung des Mieters an das Fernwärmenetz anschließen wollte, das aus einer Anlage für Kraft-Wärme-Koppelung gespeist wurde.

Der Bundes­ge­richtshof hatte darüber zu entscheiden, ob der Anschluss einer Wohnung an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz eine Moder­ni­sie­rungs­maßnahme darstellt, zu deren Duldung der Mieter nach § 554 Abs. 2 BGB verpflichtet ist.

Mieter heizt mit Gaseta­gen­heizung

Die Klägerin nimmt die Beklagte, die eine mit einer Gaseta­gen­heizung ausgestattete Wohnung der Klägerin in Berlin gemietet hat, auf Duldung insbesondere von Bauarbeiten in Anspruch, mit denen das in den 1920-er Jahren erbaute Mehrfa­mi­li­enhaus an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz angeschlossen werden soll. Das Amtsgericht hatte die Klage insoweit abgewiesen; auf die Berufung der Klägerin hatte das Landgericht die Beklagte zur Duldung der Maßnahme verurteilt. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Anschluss an mit Kraft-Wärme-Kopplung gespeistes Fernwärmenetz ist Modernisierung zur Einsparung von Energie

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass es sich bei dem Anschluss der Wohnung der Beklagten an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz um eine Maßnahme zur Einsparung von Energie handelt, die der Mieter nach § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich zu dulden hat. Nach der unangegriffenen Tatsa­chen­fest­stellung des Berufungs­ge­richts führt der Anschluss der Wohnung an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz nach derzeitigem Erkenntnisstand zu einer Ersparnis an Primärenergie im Verhältnis zur Erzeugung von Wärme für Heizung und Warmwasser durch die in der Wohnung vorhandene Gaseta­gen­heizung. Damit handelt es sich, wie sich aus der Entste­hungs­ge­schichte und dem Zweck der Vorschrift ergibt, um eine Maßnahme zur Einsparung von Energie im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB; dies gilt unabhängig davon, ob mit der Maßnahme auch eine Verringerung des Endener­gie­ver­brauchs verbunden ist.

Solange keine unzumutbare Härte für den Mieter eintritt, muss dieser die Modernisierung dulden

Der Mieter ist gegenüber solchen Maßnahmen nicht schutzlos gestellt. Er braucht sie nicht zu dulden, wenn sie für ihn, seine Familie oder einen anderen Haushalts­an­ge­hörigen eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde (§ 554 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BGB). Die Belange des Mieters werden in diesem Rahmen aufgrund einer umfassenden Inter­es­se­n­ab­wägung gewahrt; damit wird insbesondere das finanzielle Interesse des Mieters, vor einer unzumutbaren Erhöhung der Miete oder der Betriebskosten bewahrt zu werden, geschützt.

Das Vorliegen einer unzumutbaren Härte für die Beklagte hat das Berufungs­gericht rechts­feh­lerfrei verneint. Insbesondere kam eine Unzumutbarkeit unter finanziellem Gesichtspunkt nicht mehr in Betracht, nachdem die Klägerin im Berufungs­ver­fahren auf eine moder­ni­sie­rungs­be­dingte Mieterhöhung nach § 559 BGB verzichtet hatte. Auf eine theoretisch möglich Mieterhöhung nach § 558 BGB unter Berück­sich­tigung der ortsüblichen Vergleichsmiete kommt es im Rahmen der Härteklausel des § 554 Abs. 2 BGB nicht an. Insoweit gilt nichts anderes als für die Mittei­lungs­pflicht nach § 554 Abs. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der Vermieter dem Mieter vor der Durchführung von Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen – unter anderem – die zu erwartende Mieterhöhung mitzuteilen. Auch diese Bestimmung bezieht sich nur auf die aufgrund von Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen mögliche Mieterhöhung nach § 559 BGB und nicht auf eine etwaige Erhöhung der Vergleichsmiete nach § 558 BGB.

§ 554 Duldung von Erhaltungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen

(2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)

der Leitsatz

BGB § 554 Abs. 2 und 3

a) Der Anschluss einer mit einer Gaseta­gen­heizung ausgestatteten Mietwohnung an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz ist eine Maßnahme zur Einsparung von Energie, die der Mieter nach § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich zu dulden hat.

b) Die Pflicht zur Mitteilung der zu erwartenden Mieterhöhung (§ 554 Abs. 3 BGB) bezieht sich nur auf die aufgrund von Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen zu erwartende Mieterhöhung nach § 559 BGB und nicht auf eine etwa mögliche Erhöhung der Vergleichsmiete nach § 558 BGB.

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