Bundesgerichtshof Urteil04.05.2011
Langjährige Zahlung der Miete zur Monatsmitte anstatt zum Monatsanfang rechtfertigt keine fristlose KündigungVermieter setzt Anschein der Ordnungsgemäßheit
Zahlt ein Mieter über viele Jahre hinweg seine Miete entgegen der Vereinbarung im Mietvertrag zur Monatsmitte anstatt zum Monatsanfang, so kann er nicht fristlos gekündigt werden. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Beklagte die Wohnung im Jahr 1983 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gemietet. Gemäß des Mietvertrags war die Miete bis zum dritten Werktag des laufenden Monats zu zahlen. Die Beklagte entrichtete jedoch seit Beginn des Mietverhältnisses die Miete erst zur Monatsmitte. Die Klägerin erklärte im Jahr 2007 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen unpünktlicher Mietzahlungen.
Festhalten am Vertrag war zumutbar
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Beklagten. Ein Recht zur fristlosen Kündigung bestand nicht, da das Festhalten am Vertrag für die Vermieterin nicht unzumutbar war.
Nach § 543 Abs. 1 BGB kann der Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verschuldens der Parteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Diese Voraussetzung kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Mieter die vereinbarte Miete trotz einer Abmahnung des Vermieters weiterhin unpünktlich zahlt. Im Falle einer vorangegangenen unpünktlichen Zahlung kann bereits eine weitere unpünktliche Zahlung nach erfolgter Abmahnung die fristlose Kündigung rechtfertigen (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2006 - VIII ZR 364/04 = NZM 2006, 338). Hier war jedoch die Miete jeweils erst zur Monatsmitte gezahlt worden, ohne dass die Klägerin oder ihre Rechtsvorgängerin dies beanstandet hätten.
Setzen eines Anscheins
Der BGH führte weiter aus, dass der Mieter zwar aus dem Ausbleiben einer alsbaldigen Reaktion des Vermieters auf eine Vertragsverletzung nicht den Schluss ziehen darf, dass der Vermieter den Vertragsverstoß als Bagatelle ansieht oder er aus diesem Verhalten keine Konsequenzen herleiten wird. Anders verhielt es sich aber in dem vorliegenden Fall. Wenn der Vermieter ein wiederkehrendes vertragswidriges Verhalten des Mieters über Jahre widerspruchslos hinnimmt, hat er gegenüber dem Mieter zumindest den Anschein gesetzt, dass er den wiederkehrenden Vertragsverletzungen kein erhebliches Gewicht beimisst und er keine wesentlichen Beeinträchtigungen seiner Interessen sieht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.10.2012
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)