18.10.2024
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Dokument-Nr. 11581

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Urteil04.05.2011BundesgerichtshofVIII ZR 171/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2011, 1473Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2011, Seite: 1473
  • DAR 2011, 465Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2011, Seite: 465
  • JuS 2011, 929Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2011, Seite: 929
  • MDR 2011, 836Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2011, Seite: 836
  • NJW 2011, 2871Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2011, Seite: 2871
  • NJW-Spezial 2011, 617Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2011, Seite: 617
  • NZV 2011, 440Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2011, Seite: 440
  • WM 2011, 2139Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2011, Seite: 2139
  • zfs 2011, 625Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2011, Seite: 625
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Rosenheim, Urteil13.08.2011, 9 C 2095/08
  • Landgericht Traunstein, Urteil07.07.2010, 5 S 2956/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil04.05.2011

Tanken ohne Bezahlung: Tankstellen­betreiber hat Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten durch BenzindiebGeschädigter hat auch bei nur geringem Verlust Anspruch auf Ersatz der Rechts­verfolgungs­kosten

Eine Tankstellen­betreiberin kann die zur Ermittlung eines Kunden aufgewandten Kosten von diesem erstattet verlangen, wenn er ohne zuvor zu bezahlen das Tankstel­len­gelände verlässt. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall tankte der Beklagte am 7. März 2008 an der von der Klägerin geführten Selbst­be­die­nung­s­tank­stelle an der A8 Diesel­kraftstoff zum Preis von 10,01 Euro. An der Kasse bezahlte er lediglich einen Schokoriegel und zwei Vignetten zu einem Gesamtpreis von 25,30 Euro. Die Klägerin schaltete, nachdem sie bemerkt hatte, dass der Kraftstoff nicht bezahlt worden war, ein Detektivbüro zur Ermittlung des Beklagten ein. Hierfür sind Kosten in Höhe von 137 Euro angefallen. Zudem begehrt die Klägerin die Erstattung einer Ausla­gen­pau­schale von 25 Euro und vorge­richt­licher Anwaltsgebühren in Höhe von 39 Euro. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht ihr stattgegeben. Die dagegen gerichtete Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg.

Kunde befand sich bereits zum Zeitpunkt des Verlassens der Tankstelle im Verzug mit seiner Zahlungspflicht

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass der Klägerin die geltend gemachten Beträge jedenfalls als Verzugsschaden gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BGB zustehen. Das Gericht hat in der Entscheidung klargestellt, dass beim Tanken an einer Selbst­be­die­nung­s­tank­stelle ein Kaufvertrag über den Kraftstoff bereits mit der Entnahme desselben zustande kommt. Das Gericht hat zudem entschieden, dass sich der Beklagte bereits zum Zeitpunkt des Verlassens der Tankstelle im Verzug mit seiner Zahlungspflicht befunden hat. Einer Mahnung bedurfte es für den Verzugseintritt hier nicht, denn es ist dem Kunden einer Selbst­be­die­nung­s­tank­stelle offensichtlich, dass er unverzüglich nach dem Tanken den Kaufpreis entrichten muss. Eine gesonderte Zahlungs­auf­for­derung ist dem Tankstel­len­be­treiber zudem in der Regel ohne erheblichen Aufwand nicht möglich, sobald der Kunde die Tankstelle verlassen hat, da ihm die Personalien des Kunden und dessen Anschrift unbekannt sind. Als Folge des Verzuges kann die Klägerin Ersatz ihrer Rechts­ver­fol­gungs­kosten verlangen. Dazu gehören im entschiedenen Fall auch die Kosten des Detektivbüros, da eine mehrstündige Videoauswertung vorgenommen werden musste, die die Klägerin nicht mit eigenem Personal bewerkstelligen konnte. Für die Frage der Angemessenheit der Höhe der Kosten ist nicht primär auf das Verhältnis zum Kaufpreis abzustellen, sondern darauf, ob die Aufwendungen sich im Rahmen dessen halten, was ein verständiger Mensch in gleicher Lage aufgewandt hätte. Dies war nach den vom Bundes­ge­richtshof gebilligten Feststellungen des Berufungs­ge­richts hier der Fall, weil Tankstel­len­be­treiber sich auch bei relativ geringfügigen Beträgen nicht darauf verweisen lassen müssen, von Ermittlungen wegen unbezahlt getankten Kraftstoffs abzusehen.

*§ 280 BGB: Schadensersatz wegen Pflicht­ver­letzung

Erläuterungen
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuld­ver­hältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflicht­ver­letzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

**§ 286 BGB: Verzug des Schuldners

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

der Leitsatz

§ 280 Abs. 1, 2 BGB, § 286 Abs. 1, 2 Nr. 4 BGB, § 433 BGB

a) Ein Kunde, der an einer Selbst­be­die­nung­s­tank­stelle Kraftstoff in seinen Tank füllt, schließt bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Tankstel­len­be­treiber beziehungsweise unter dessen Vermittlung mit dem Minera­l­öl­un­ter­nehmen einen Kaufvertrag über die entnommene Menge Kraftstoff.

b) Entrichtet der Kunde einer Selbst­be­die­nung­s­tank­stelle den Kaufpreis für den getankten Kraftstoff nicht, so gerät er mit dem Verlassen des Tankstel­len­ge­ländes in Verzug, ohne dass es hierzu einer Mahnung bedarf.

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