21.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 15472

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Urteil20.03.2013BundesgerichtshofVIII ZR 168/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2013, 678Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2013, Seite: 678
  • IMR 2013, 231Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2013, Seite: 231
  • JuS 2013, 937Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 937
  • MDR 2013, 580Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 580
  • NJW 2013, 1526Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1526
  • NZM 2013, 378Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2013, Seite: 378
  • WuM 2013, 295Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2013, Seite: 295
  • WuM 2013, 416Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2013, Seite: 416
  • ZMR 2013, 618Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2013, Seite: 618
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer, Urteil16.11.2011, 28 C 374/11
  • Landgericht Essen, Urteil15.05.2012, 15 S 341/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil20.03.2013

Kein generelles Verbot von Hunde- und Katzenhaltung durch eine Allgemeine Geschäfts­be­dingungBundes­ge­richtshof stimmt Hundehaltung trotz Verbotsklausel im Mietvertrag zu

Eine Formularklausel in einem Wohnraum­miet­vertrag, welche die Haltung von Hunden und Katzen in einer Mietwohnung generell untersagt, ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall mietete der Beklagte eine Wohnung der Klägerin in Gelsenkirchen. Die Klägerin ist eine Genossenschaft, der auch der Beklagte angehört. Im Mietvertrag war - wie bei der Klägerin üblich - als "zusätzliche Vereinbarung" enthalten, dass das Mitglied verpflichtet sei, "keine Hunde und Katzen zu halten." Der Beklagte zog mit seiner Familie und einem Mischlingshund mit einer Schulterhöhe von etwa 20 cm in die Wohnung ein. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, das Tier binnen vier Wochen abzuschaffen. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach. Hierauf hat die Klägerin den Beklagten auf Entfernung des Hundes aus der Wohnung und auf Unterlassung der Hundehaltung in der Wohnung in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstin­sta­nzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Verbotsklausel verstößt gegen Grundgedanken der Gebrauchs­ge­wäh­rungs­pflicht des Vermieters

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass eine Allgemeine Geschäfts­be­dingung des Vermieters, welche die Haltung von Hunden und Katzen in der Mietwohnung generell untersagt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* unwirksam ist. Sie benachteiligt den Mieter unangemessen, weil sie ihm eine Hunde- und Katzenhaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallge­stal­tungen und Interessenlagen verbietet. Zugleich verstößt sie gegen den wesentlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB**. Ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne dieser Vorschrift gehört, erfordert eine umfassende Inter­es­se­n­ab­wägung im Einzelfall. Eine generelle Verbotsklausel würde - in Widerspruch dazu - eine Tierhaltung auch in den Fällen ausschließen, in denen eine solche Abwägung eindeutig zugunsten des Mieters ausfiele.

Rücksichtnahme auf andere Hausbewohner und Nachbarn geboten

Die Unwirksamkeit der Klausel führt nicht dazu, dass der Mieter Hunde oder Katzen ohne jegliche Rücksicht auf andere halten kann. Sie hat vielmehr zur Folge, dass die nach § 535 Abs. 1 BGB** gebotene umfassende Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietver­trags­parteien, der anderen Hausbewohner und der Nachbarn erfolgen muss. Im vorliegenden Fall hat das Berufungs­gericht eine Zustim­mungs­pflicht der Klägerin zur Hundehaltung rechts­feh­lerfrei bejaht.

Hinweise zur Rechtslage

*§ 307 BGB: Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

**§ 535 BGB: Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

der Leitsatz

BGB § 535 Abs. 1, § 307

Eine Allgemeine Geschäfts­be­dingung in einem Mietvertrag über Wohnräume, die den Mieter verpflichtet, "keine Hunde und Katzen zu halten" ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.

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