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Bundesgerichtshof Urteil05.07.2017

Netzbetreiber hat Anspruch auf Rückzahlung von Einspei­se­ver­gütung wegen unterbliebener Meldung einer Photo­vol­taik­anlage bei der Bundes­netz­agenturSanktionierung für Meldeverstöße rechtmäßig

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Netzbetreiber vom Betreiber einer Photo­vol­taik­anlage die Rückzahlung einer Einspei­se­ver­gütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verlangen kann, wenn letzterer es unterlassen hat, seine neue Anlage bei der Bundes­netz­agentur zu melden.

Der vorliegende Rechtsstreit gehört zu einer Serie ähnlich gelagerter Rückzah­lungs­klagen des klagenden Netzbetreibers, die - nach Zulassung der Revision durch die Berufungs­ge­richte - ebenfalls beim VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs anhängig sind.

Sachverhalt

Der Beklagte, ein Landwirt, betreibt auf seinem Grundstück in Schleswig-Holstein eine Photovoltaik-Dachanlage. Diese nahm er im Frühjahr 2012 in Betrieb und speiste sodann den damit erzeugten Strom in das Stromnetz der klagenden Netzbetreiberin ein.

Vor der Inbetriebnahme der Anlage hatte der Landwirt ein ihm von der Netzbetreiberin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und unterzeichnet. Dieses Formblatt trägt die Überschrift "Verbindliche Erklärung zur Ermittlung der Förderfähigkeit und der maßgeblichen Vergütungshöhe für Strom aus Photo­vol­taik­anlagen nach dem [...] Erneuerbare-Energien-Gesetz-EEG". Die in dem Formblatt unter anderem gestellte Frage, ob der Standort und die Leistung der Photovoltaikanlage der Bundesnetzagentur gemeldet worden seien, bejahte der Landwirt. Weiter heißt es in dem Formblatt (unmittelbar über der Unterschrift des Beklagten): "Der Betreiber der Strom­er­zeu­gungs­anlage versichert hiermit, dass die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen. [...]. Sofern vorstehende Angaben des Betreibers der Strom­er­zeu­gungs­anlage unzutreffend sein sollten, behält sich der Netzbetreiber eine verzinsliche Rückforderung gezahlter Einspei­se­ver­gü­tungen im entsprechenden Umfang vom Betreiber der Strom­er­zeu­gungs­anlage vor."

Landwirt holt Anmeldung der Anlage bei Bundes­netz­agentur erst verstätet nach

In dem Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 5. November 2014 zahlte die Netzbetreiberin an den Landwirt eine Einspeisevergütung nach den Fördersätzen des EEG in Höhe von insgesamt 52.429,40 Euro. Im Herbst 2014 stellte die Netzbetreiberin fest, dass der Landwirt die vorbezeichnete Meldung der Anlage bei der Bundes­netz­agentur nicht vorgenommen hatte. Am 6. November 2014 holte der Landwirt diese Meldung nach.

Netzbetreiberin fordert Rückzahlung der Einspei­se­ver­gütung

Aufgrund der bis dahin unterbliebenen Meldung korrigierte die Netzbetreiberin ihre Abrechnungen dahingehend, dass dem Landwirt für den Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 31. Juli 2014 gemäß dem für diesen Zeitraum anzuwendenden § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012* nur ein Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stroms nach dem Marktwert und für den darauf folgenden Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 5. November 2014 nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014*** gar keine Vergütung zustehe. Sie forderte von dem Landwirt daraufhin gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012** und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014**** die Rückzahlung der um den - rechnerisch unstreitigen - Marktwert von 6.890,85 Euro (für den erstgenannten Zeitraum) verringerten Einspei­se­ver­gütung, mithin einen Betrag von 45.538,55 Euro.

Klage in den Vorinstanzen erfolgreich

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Netzbetreiberin von dem Landwirt die Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen. Das Landgericht gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Landwirts wies das Oberlan­des­gericht zurück. Mit der vom Oberlan­des­gericht zugelassenen Revision verfolgt der Landwirt sein Klage­ab­wei­sungs­be­gehren weiter.

Gesetzgeber erklärt zeitnahe und umfassende Registrierung neuer Anlagen für dringend erforderlich

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch der klagenden Netzbetreiberin auf Rückzahlung der Einspei­se­ver­gütung nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 im vorliegenden Fall gegeben sind. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz macht den Anspruch der Betreiber neuer Photo­vol­taik­anlagen auf (vollständige) Einspei­se­ver­gütung bereits seit 2009 davon abhängig, dass diese den Standort und die Leistung ihrer Anlage der Bundes­netz­agentur melden. Einen Verstoß gegen die vorgenannte Pflicht sanktionierte der - vorliegend für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2014 anwendbare - § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 dadurch, dass sich der Vergü­tungs­an­spruch für die Dauer des Pflicht­ver­stoßes auf die Höhe des tatsächlichen Monats­mit­telwerts des energie­trä­ger­spe­zi­fischen Marktwerts verringerte. Durch den - vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 anwendbaren - § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des EEG 2014 verschärfte der Gesetzgeber die Sanktionierung für Meldeverstöße und bestimmte, dass sich der anzulegende Wert der finanziellen Förderung "auf null" verringerte, solange der Anlagen­be­treiber die zur Registrierung erforderlichen Angaben für den Eintrag in das bei der Bundes­netz­agentur betriebene Anlagenregister nicht übermittelte. Eine zeitnahe und umfassende Registrierung neuer Anlagen - und dementsprechend eine starke Sanktionierung versäumter Meldungen - hat der Gesetzgeber als erforderlich betrachtet, um das System des so genannten "atmenden Deckels" umzusetzen, nach dem die allmähliche Absenkung der Einspei­se­ver­gütung für Photo­vol­taik­anlagen geordnet ist. Hiernach ziehen höhere Zubauzahlen bei den geförderten Anlagen grundsätzlich eine stärkere Absenkung der Einspei­se­ver­gütung nach sich.

Rückfor­de­rungs­an­spruch dient nicht eigenem Interesse des Netzbetreibers sondern Interessen der Allgemeinheit

Ein Netzbetreiber verhält sich mit seinem Rückfor­de­rungs­be­gehren gegenüber dem Anlagen­be­treiber auch dann nicht - wie der Landwirt meint - treuwidrig, wenn er selbst nicht vom zuständigen Übertra­gungs­netz­be­treiber auf entsprechende Rückzahlung in Anspruch genommen wird. Denn der Netzbetreiber muss die zurück­ge­for­derten Vergütungen bei der folgenden Abrechnung mit dem Übertra­gungs­netz­be­treiber zwingend als eigene Einnahmen berücksichtigen - unabhängig davon, ob der Übertra­gungs­netz­be­treiber einen entsprechenden Anspruch gegen ihn geltend gemacht hat. Der Rückfor­de­rungs­an­spruch und die damit korre­spon­dierende Rückfor­de­rungs­pflicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG dienen nicht dem eigenen Interesse des Netzbetreibers, sondern vielmehr dem Interesse der Allgemeinheit, das System des EEG-Belas­tungs­aus­gleichs nicht mit gesetzlich nicht vorgesehenen Vergütungen zu belasten und so die Kosten der Energiewende möglichst gering zu halten.

Landwirt kann sich nicht auf unzureichende Aufklärung über Anmeldepflicht berufen

Ebenso wenig kann sich der Landwirt vorliegend darauf berufen, dass die Netzbetreiberin ihn über die gesetzlichen Meldepflichten nicht hinreichend aufgeklärt habe und er aufgrund dessen mit einem entsprechenden Schaden­s­er­satz­an­spruch aufrechnen könne. Abgesehen davon, dass dem Landwirt bei verständiger und objektiver Betrachtung des ihm übersandten Formblattes klar sein musste, dass (auch) eine Missachtung seiner Meldepflicht gegenüber der Bundes­netz­agentur die Rückforderung der von der Netzbetreiberin an ihn gezahlten Einspei­se­ver­gütung zur Folge haben könnte, besteht eine diesbezügliche Aufklä­rungs­pflicht des Netzbetreibers grundsätzlich nicht. Der Anlagen­be­treiber ist vielmehr selbst für die Erfüllung seiner Meldepflichten verantwortlich. Ihm obliegt es, sich über die geltende Rechtslage und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EEG zu informieren.

Sanktionierung verstößt nicht gegen verfas­sungs­recht­lichen Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz

Schließlich verstößt die für den Fall einer Nichterfüllung der Meldepflicht des Anlagen­be­treibers vorgesehene Sanktionierung durch teilweisen oder vollständigen Wegfall der Einspei­se­ver­gütung auch nicht gegen den verfas­sungs­recht­lichen Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz. Wie der Bundes­ge­richtshof bereits mehrfach entschieden hat, steht dem Gesetzgeber - auch im Bereich des Energierechts - ein weiter Gestal­tungs­spielraum zu, auf welche Weise er ein als förderwürdig erachtetes Verhalten unterstützen will. Die Verringerung der Einspei­se­ver­gütung auf den Marktwert (EEG 2012) beziehungsweise "auf null" (EEG 2014) hat der Gesetzgeber ersichtlich im Bewusstsein der damit für die Anlagen­be­treiber verbundenen Härten, aber auch im Hinblick darauf gewählt, dass eine Nichtmeldung oder eine nicht rechtzeitige Meldung von Anlagen in relevanter Anzahl beziehungsweise Größe zu hoch berechnete Fördersätze und damit eine dem Gesetz nicht entsprechende nachteilige Kostenwirkung für die Allgemeinheit zur Folge hat.

*§ 17 EEG 2012

(1) [...]

(2) Der Vergü­tungs­an­spruch [...] verringert sich auf den tatsächlichen Monats­mit­telwert des energie­trä­ger­spe­zi­fischen Marktwerts [...],

1. solange Anlagen­be­trei­be­rinnen und Anlagen­be­treiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strah­lungs­energie [...] den Standort und die installierte Leistung der Anlage nicht übermittelt haben an

a) die Bundes­netz­agentur mittels der von ihr bereit­ge­stellten Formu­la­r­vorgaben [...]

**§ 35 EEG 2012

[...]

(4) 1Zahlt ein Übertra­gungs­netz­be­treiber dem Netzbetreiber eine höhere als in den §§ 16 bis 18 vorgesehene Vergütung oder eine höhere als in den §§ 33 g und 33i vorgesehene Prämie, ist er zur Rückforderung des Mehrbetrages verpflichtet. 2Der Rückfor­de­rungs­an­spruch verjährt mit Ablauf des 31. Dezember des zweiten auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres; die Pflicht nach Satz 1 erlischt insoweit. 3Die Sätze 1 und 2 gelten im Verhältnis von aufnehmendem Netzbetreiber und Anlagen­be­treiberin oder Anlagen­be­treiber entsprechend, es sei denn, die Zahlungspflicht ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung. [...]

***§ 25 EEG 2014

(1) 1 Der anzulegende Wert [...] verringert sich auf null,

1. solange Anlagen­be­treiber die zur Registrierung der Anlage erforderlichen Angaben nicht nach Maßgabe der Rechts­ver­ordnung nach § 93 übermittelt haben,

[...]

****§ 57 EEG 2014

[...]

(5) 1 Zahlt ein Übertra­gungs­netz­be­treiber dem Netzbetreiber eine höhere als im Teil 3 vorgesehene finanzielle Förderung, muss er den Mehrbetrag zurückfordern. 2 Der Rückfor­de­rungs­an­spruch verjährt mit Ablauf des 31. Dezember des zweiten auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres; die Pflicht nach Satz 1 erlischt insoweit. 3 Die Sätze 1 und 2 sind im Verhältnis von aufnehmendem Netzbetreiber und Anlagen­be­treiber entsprechend anzuwenden, es sei denn, die Zahlungspflicht ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung. [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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