15.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 16691

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Urteil14.05.2013BundesgerichtshofVI ZR 255/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2013, 971Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 971
  • NJW 2014, 64Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 64
  • NZM 2014, 50Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2014, Seite: 50
  • r+s 2013, 458Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 2013, Seite: 458
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Wuppertal, Urteil25.01.2011, 5 O 67/10
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil17.08.2011, I-19 U 6/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil14.05.2013

Missglückte Räumung: Haftung aufgrund unterlassener HilfeleistungStraftat der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323 c StGB) stellt Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar

Wer es unterlässt in einem Unglücksfall Hilfe zu leisten, mach sich nicht nur strafbar, sondern auch haftbar. Denn der Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323 c StGB) stellt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Im zugrunde liegenden Fall wohnte ein Vater mit seinem Sohn zusammen in einem Haus. Nachdem der Sohn eine krankhafte Persön­lich­keits­s­törung entwickelte, fing er an Gegenstände zu sammeln und damit das Haus vollzustellen. Der Vater versuchte der Lage Herr zu werden und erwirkte schließlich gegen seinen Sohn einen Räumungstitel. Am Tag der Räumung kam es zur Tragödie. Als der Gerichtsvollzieher an der Tür klingelte und ihm der Vater öffnete, stieß der Sohn seinen Vater beiseite und schoss mit einer Pistole auf den Gerichts­voll­zieher. Dieser sackte daraufhin schwer verletzt zusammen. Zuvor hatte der Sohn seinen Vater bereits mit der entsicherten Waffe bedroht und die Beendigung der Räumung verlangt. Der Gerichts­voll­zieher überlebte die Verletzung und klagte sowohl gegen den Sohn als auch dessen Vater auf Zahlung von Schmerzensgeld. Denn seiner Meinung nach, sei der Vater mitver­ant­wortlich für die Tat seines Sohnes gewesen.

Landgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr statt

Das Landgericht Wuppertal wies die Klage ab, woraufhin auf Berufung des Gerichts­voll­ziehers das Oberlan­des­gericht Düsseldorf der Klage statt gab und den Sohn und sein Vater auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € als Gesamtschuldner verurteilte. Zur Begründung führte es aus, dass der Vater wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 323 c StGB hafte. Ihm sei ein Einschreiten zur Verhinderung der Schuss­ver­letzung möglich und zumutbar gewesen. Gegen die Entscheidung legte der Vater Revision ein.

Anspruch auf Schmerzensgeld bestand

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte das Urteil des Oberlan­des­ge­richts und wies die Revision des Vaters zurück. Seiner Ansicht nach, sei das Berufungs­gericht zu Recht von einer Haftung des Vaters aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 323 c StGB ausgegangen.

Straftatbestand des § 323 c StGB stellte Schutzgesetz dar

Der Bundes­ge­richtshof hielt die Ansicht, dass § 323 c StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sei, für richtig. Ein Schutzgesetz sei eine Rechtsnorm, die neben der Wahrung der Interessen der Allgemeinheit auch einen Einzelnen vor Verletzungen eines bestimmten Rechtsguts schützen soll. Dabei dürfe der Indivi­du­al­schutz nicht bloßer Reflex sein, sondern gerade zum Aufgabenbereich der Norm liegen. Dies sei bei § 323 c StGB der Fall.

Einschreiten des Vaters war erforderlich

Zudem habe nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs das Berufungs­gericht zu Recht davon ausgehen dürfen, dass ein Einschreiten des Vaters in dieser Situation erforderlich war. Denn ein verständiger Beobachter hätte aufgrund der Gesamtumstände die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Straftat erkannt. Es sei insofern zu beachten gewesen, dass der Sohn seinen Vater am selben Tag bereits mit der Waffe bedrohte, um die Räumung zu verhindern. Darauf, dass der unter einer Persön­lich­keits­s­törung leidende Sohn seine Waffe in einer Panikreaktion nicht einsetzen würde, habe der Vater nicht vertrauen dürfen.

Einschreiten war darüber hinaus zumutbar

Ein Einschreiten des Vaters sei ihm auch zumutbar gewesen, so die Bundesrichter weiter. So hätte der Vater ohne weiteres dem Wunsch seines Sohns zunächst folgen und von der Räumung Abstand nehmen können. In diesem Zusammenhang habe berücksichtigt werden müssen, dass eine ungehinderte Fortführung der Räumung gegenüber der von einer entsicherten Waffe in der Hand eines völlig Verzweifelten ausgehenden Gefahr für Leib oder Leben anderer nachrangig war. Des Weiteren hätte eine Räumung zu einem späteren Zeitpunkt ohne den Sohn weiter geführt werden können.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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