03.12.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 21038

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Urteil28.10.2014BundesgerichtshofVI ZR 125/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2015, 460Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 460
  • NJW-RR 2015, 591Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2015, Seite: 591
  • VersR 2015, 579Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2015, Seite: 579
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Mannheim, Urteil22.09.2010, 6 O 107/08
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil27.02.2013, 7 U 205/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.10.2014

BGH: Arzt muss Schwangere grundsätzlich nicht wiederholt auf Möglichkeit eines Kaiserschnitts hinweisenNochmalige Aufklä­rungs­pflicht besteht nur bei entscheidender Veränderung der Umstände

Bestehen deutliche Anzeichen dafür, dass angesichts des Zustands der Schwangeren bzw. des Geburtsvorgangs ein Kaiserschnitt gegenüber der vaginalen Geburt die bessere Wahl sein kann, so muss der Arzt die werdende Mutter darüber aufklären. Tritt diese ernsthaft für möglich erachtete Entwicklung ein, so muss der Arzt nur dann nochmals über die Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufklären, wenn sich die Umstände entscheidend verändert haben. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Schwangere befand sich seit Januar 2005 aufgrund einiger Beschwerden, wie zum Beispiel einer Nieren­be­cken­ent­zündung und Schwan­ger­schafts­di­abetes, in stationärer Behandlung. Zu Beginn der Behandlung wurde die Schwangere über die grundsätzliche Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufgeklärt. Trotz der Beschwerden entschied sie sich für eine vaginale Entbindung. Einen Monat später erlitt die Schwangere jedoch einen vorzeitigen Blasensprung. Ohne sie nochmals über die Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufzuklären, wurde die vaginale Geburt eingeleitet. Dabei kam es jedoch zu erheblichen Komplikationen, sodass sich die behandelnden Ärzte für einen Not-Kaiserschnitt entschieden. Das Kind konnte dadurch zwar gerettet werden, jedoch hatte es während des Versuchs der vaginalen Geburt schwere Hirnschäden erlitten und war daher schwerst­be­hindert. Die Mutter machte dafür die Ärzte verantwortlich und klagte auf Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Landgericht und Oberlan­des­gericht bejahten Vorliegen eines ärztlichen Behand­lungs­fehlers

Sowohl das Landgericht Mannheim als auch das Oberlan­des­gericht Karlsruhe bejahten das Vorliegen eines ärztlichen Behand­lungs­fehlers. Das Oberlan­des­gericht begründete dies damit, dass die Mutter unzureichend über die Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufgeklärt worden sei. Nach dem Blasensprung hätte die Mutter nochmals aufgeklärt werden müssen. Der Kaiserschnitt hätte als gleichwertige Behand­lung­s­al­ter­native zu einer vaginalen Entbindung angesehen werden müssen. Gegen diese Entscheidung wurde Revision eingelegt.

Bundes­ge­richtshof bejahte Aufklä­rungs­pflicht des Arztes bei Vorliegen von Gefahren

Der Bundes­ge­richtshof führte zu dem Fall aus, dass ein Arzt ohne besondere Veranlassung nicht verpflichtet sei, mit einer Schwangeren die Möglichkeit eines Kaiserschnitts zu erörtern. Anders liege aber der Fall, wenn durch die vaginale Geburt ernstzunehmende Gefahren für das Kind drohen. Sprechen im Interesse des Kindes gewichtige Gründe für einen Kaiserschnitt und stellt dieser unter Berück­sich­tigung der Konstitution und Befindlichkeit der Mutter eine verantwortbare Alternative dar, so müsse der Arzt auf diese Möglichkeit hinweisen.

Ernsthafte Möglichkeit von Gefahren begründet ebenfalls Aufklä­rungs­pflicht

Der Arzt sei darüber hinaus nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs verpflichtet, auf die Möglichkeit eines Kaiserschnitts hinzuweisen, wenn bereits deutliche Anzeichen dafür bestehen, dass sich der Zustand der Schwangeren bzw. der Geburtsvorgang so entwickeln könne, dass ein Kaiserschnitt die bessere Alternative darstellt. Wenn die ernsthaft für möglich erachtete Entwicklung eintritt, müsse der Arzt jedoch nicht nochmals aufklären.

Nochmalige Aufklä­rungs­pflicht bei entscheidender Veränderung der Umstände

Eine nochmalige Aufklä­rungs­pflicht bestehe aber dann, so der Bundes­ge­richtshof, wenn sich die Umstände derart entscheidend verändern, dass die unter­schied­lichen Entbin­dungs­me­thoden in einem neuen Licht erscheinen. Die Einschätzung über die Risiken und Vorteile der verschiedenen Methoden müssen sich entscheidend verändern. Ob dies im vorliegenden Fall so war, konnte der Bundes­ge­richtshof nicht erkennen. Es habe seiner Sicht nach insofern an den erforderlichen Feststellungen des Oberlan­des­ge­richts gefehlt. Es sei unzutreffend gewesen allein aufgrund des Blasensprungs eine erneute Aufklärung zu fordern. Dass sich dadurch entscheidend die Umstände verändert hatten, sei aus den Ausführungen des Oberlan­des­ge­richts nicht ersichtlich gewesen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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