Die Klägerin, die bereits zwei Fehlgeburten erlitten hatte, war in der 21. Schwangerschaftswoche aufgrund von Komplikationen in das beklagte Krankenhaus eingeliefert worden. Dort stellte man fest, dass sich der Gebärmuttermund bereits um einige Zentimeter geöffnet hatte. Da bei einer Frühgeburt zu diesem Zeitpunkt keinerlei Überlebenschancen bestanden hätten, wurde eine so genannte "Cerclage" gelegt. Bei diesem besonderen Verfahren wird der Muttermund mit einer ringförmigen Naht verschlossen, um eine Frühgeburt zu verhindern. Die Geburt konnte jedoch nur weitere 17 Tage hinausgezögert werden. Das Kind war lebensfähig, litt jedoch unter schwersten Behinderungen, womit bei einer Geburt zu diesem Zeitpunkt gerechnet werden musste.
Das Oberlandesgericht rügte, dass die werdende Mutter vor dem Legen der Cerlage nicht umfassend über die damit verbundenen Risiken und die Alternativen einer konservativen Behandlung (Beckenhochlagerung, wehenhemmende Maßnahmen) aufgeklärt worden sei. Insbesondere sei die Klägerin nicht über die Möglichkeit schwerster Missbildungen für den Fall, dass die Schwangerschaftsverlängerung nur kurzzeitig gelinge, informiert worden. Auch sei der Klägerin nicht verdeutlicht worden, dass eine einmal gelegte Cerclage nicht jederzeit auf eigenen Wunsch wieder rückgängig gemacht werden könne, sondern der Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch bedürfe. Eine solche hatte nicht vorgelegen. Dass sich die werdende Mutter auch bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung für eine Cerclage entschieden hätte, konnte das Krankenhaus nicht beweisen.
Das Krankenhaus muss nun für den Unterhalt der Tochter aufkommen. Eigene Ansprüche des schwerstbehinderten Kindes lehnte der Senat ab. Für seine (behinderte) Existenz als solche könne es keinen Schadensersatz verlangen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.07.2007
Quelle: ra-online, OLG Celle (pm)