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Dokument-Nr. 19014

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Urteil17.10.2014BundesgerichtshofV ZR 9/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • jM 2015, 102 (Christoph Lafontaine)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2015, Seite: 102, Entscheidungsbesprechung von Christoph Lafontaine
  • MDR 2015, 16Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 16
  • NJW 2015, 613Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 613
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Andernach, Urteil28.11.2012, 60 C 598/10 WEG
  • Landgericht Koblenz, Urteil16.12.2013, 2 S 74/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.10.2014

Einzelner Wohnungs­ei­gentümer kann bei zwingender Notwendigkeit Sanierung des gemein­schaft­lichen Eigentums verlangenBGH zu Instandhaltungs- und Schadens­ersatz­pflichten der Wohnungs­ei­gentümer

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass ein einzelner Wohnungs­ei­gentümer die Sanierung des gemein­schaft­lichen Eigentums verlangen kann, sofern diese zwingend erforderlich ist und sofort erfolgen muss; unter dieser Voraussetzung ist für die Berück­sich­tigung finanzieller Schwierigkeiten (oder des Alters) einzelner Wohnungs­ei­gentümer kein Raum. Verzögern die übrigen Wohnungs­ei­gentümer die Beschluss­fassung über eine solche Maßnahme schuldhaft, können sie sich schadens­ersatz­pflichtig machen.

In dem zugrunde liegenden Verfahren bestand die Wohnungseigentümergemeinschaft zunächst aus zwei Einheiten im Erd- und Dachgeschoss eines Hauses. Der Rechtsvorgänger der Klägerin baute seine Kellerräume nachträglich aus. Sie bilden seit einer Teilungs­er­klärung aus dem Jahre 1996 eine dritte Sonde­r­ei­gen­tum­s­einheit. Sämtliche Wohneinheiten wurden später veräußert. Die Beklagten sind die jetzigen Eigentümer der Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss. Die Klägerin erwarb die im Keller gelegene Wohnung im Jahr 2002 unter Ausschluss der Sachmän­gel­haftung zu einem Kaufpreis von 85.000 Euro. Diese weist seit dem Jahr 2008 einen Feuch­tig­keits­schaden auf und ist inzwischen unbewohnbar. Ursache hierfür sind in erster Linie Planungsfehler bei dem Umbau der Keller- in Wohnräume und damit verbundene Baumängel, die das gemein­schaftliche Eigentum betreffen.

AG verurteilt Miteigentümer zur anteiligen Zahlung der Sanie­rungs­kosten sowie zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verzögerung der Renovierung

Das Amtsgericht hat die Beklagten - dem Antrag der Klägerin entsprechend - verurteilt, der anteiligen Aufbringung der Kosten für die Sanierung der Keller­ge­schoss­wohnung durch die Wohnungseigentümer und (zu diesem Zweck) der Bildung einer Sonderumlage von rund 54.500 Euro zuzustimmen sowie Schadensersatz aufgrund der verzögerten Renovierung der Keller­ge­schoss­wohnung zu zahlen. Ferner hat es die Pflicht der Beklagten zum Ersatz künftiger Schäden der Klägerin festgestellt.

LG: Kostenbelastung überschreitet "Opfergrenze" der Miteigentümer

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen; es war der Ansicht, die Kostenbelastung überschreite die "Opfergrenze" der betagten und finanzschwachen Beklagten, deren Wohneinheiten auch ohne die begehrte Sanierung nutzbar seien.

Wohnungs­ei­gentümer müssen grundsätzlich Gebot der Wirtschaft­lichkeit beachten

Der Bundes­ge­richtshof hob das Urteil nun auf. Er entschied, dass die Klägerin sowohl die Zustimmung zu der anteiligen Kostentragung als auch zur Bildung der Sonderumlage verlangen kann. Jeder Wohnungs­ei­gentümer kann die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemein­schaft­lichen Eigentums beanspruchen. Allerdings haben die Wohnungs­ei­gentümer insoweit einen Gestal­tungs­spielraum; sie müssen das Gebot der Wirtschaft­lichkeit beachten und im Grundsatz auf die Leistungs­fä­higkeit der Wohnungs­ei­gentümer Rücksicht nehmen. Deshalb sind sie berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückzustellen.

Bei zwingend notwendigen Sanie­rungs­a­r­beiten ist für Berück­sich­tigung finanzieller Schwierigkeiten einzelner Wohnungs­ei­gentümer kein Raum

Anders liegt es aber dann, wenn - wie hier - die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich ist. Denn infolge der sanie­rungs­be­dürftigen Mängel am gemein­schaft­lichen Eigentum ist die Wohnung der Klägerin unbewohnbar. Für die Berück­sich­tigung finanzieller Schwierigkeiten (oder des Alters) einzelner Wohnungs­ei­gentümer ist in solchen Fallkon­stel­la­tionen kein Raum. Dies liefe der notwendigen Erhaltung von Wohnungs­ei­gen­tums­anlagen zuwider. Zudem müsste die Klägerin die Lasten des Wohnungs­ei­gentums tragen, obwohl sie es dauerhaft nicht nutzen könnte. Die Wohnungs­ei­gentümer müssen anteilig für die Sanie­rungs­kosten aufkommen, selbst wenn sie in erster Linie der Keller­ge­schoss­wohnung zugutekommt.

Wohnungs­ei­gentümer kann bei schuldhafter Verzögerung von dringend vorzunehmenden Sanie­rungs­maßnahme haftbar sein

Im Hinblick auf die Schaden­s­er­satz­ansprüche hat der Bundes­ge­richtshof die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Entschieden hat er aber, dass eine Ersatzpflicht der Wohnungs­ei­gentümer für solche Schäden an dem Sondereigentum in Betracht kommt, die dadurch entstehen, dass die gebotene Beschluss­fassung über die Vornahme zwingend erforderlicher Maßnahmen unterbleibt. Eine Haftung kann diejenigen Wohnungs­ei­gentümer treffen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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