Dokument-Nr. 17572
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- GE 2014, 399Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2014, Seite: 399
- jM 2014, 195 (Gero Schneider)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2014, Seite: 195, Entscheidungsbesprechung von Gero Schneider
- MMR 2014, 560Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 560
- NJW 2014, 1233Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 1233
- NJW-Spezial 2014, 257 (Michael Drasdo)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 257, Entscheidungsbesprechung von Michael Drasdo
- NZM 2014, 201Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2014, Seite: 201
- ZWE 2014, 124Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht (ZWE), Jahrgang: 2014, Seite: 124
- Amtsgericht Aschaffenburg, Urteil22.12.2011, 115 C 2751/10
- Landgericht Bamberg, Urteil25.01.2013, 2 S 5/12
Bundesgerichtshof Urteil24.01.2014
Wohnungseigentümer müssen Errichtung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Haus einheitlich zustimmenMiteigentümer muss bauliche Veränderungen nicht zustimmungslos hinnehmen
Die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Haus einer Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft fassten 2010 mehrheitlich den Beschluss, einem Unternehmen die Aufstellung und den Betrieb einer Mobilfunkanlage auf dem Fahrstuhldach der Wohnungseigentumsanlage zu gestatten. Die Klägerin - ebenfalls Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft - ist damit nicht einverstanden.
Vorinstanzen geben Anfechtungsklage des Miteigentümers statt
Der von ihr gegen den Beschluss erhobenen Anfechtungsklage haben beide Vorinstanzen mit der Begründung stattgegeben, die Anbringung der Mobilfunkanlage sei eine bauliche Veränderung, die nach § 22 Abs. 1 i.V.m § 14 Nr. 1 WEG der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedurft hätte. Mit der Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.
Von Mobilfunksendeanlagen ausgehende Gefahren können Minderung des Miet- oder Verkaufswerts von Eigentumswohnungen mit sich bringen
Der Bundesgerichtshofs wies die Revision zurück und bestätigte die Rechtsauffassung der Vorinstanzen mit der Erwägung, dass auf der Grundlage des allgemeinkundigen wissenschaftlichen Streits um die von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Gefahren und der daraus resultierenden Befürchtungen zumindest die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Miet- oder Verkaufswerts von Eigentumswohnungen besteht. Dies stellt eine Beeinträchtigung dar, die ein verständiger Wohnungseigentümer nicht zustimmungslos hinnehmen muss (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG).
Zusammenleben in einer Wohnungseigentumsanlage verlangt auch im Hinblick auf bauliche Veränderungen stärkeres Maß an Rücksichtnahme
Entgegen der Auffassung der Revision ist eine andere Beurteilung auch nicht mit Blick auf die Regelung des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB geboten. Danach besteht zwar im Verhältnis benachbarter Grundstückseigentümer eine Vermutung dafür, dass bestimmte Einwirkungen, zu denen auch Strahlenimmisionen gehören, unwesentlich und daher hinzunehmen sind, wenn die einschlägigen Grenz- und Richtwerte eingehalten werden. Nicht aber regelt die Norm den Konflikt unter Wohnungseigentümern darüber, wie mit dem Gemeinschaftseigentum umgegangen werden soll und ob hierzu bauliche Veränderungen mit all ihren Vorzügen und Nachteilen vorgenommen werden sollen. Der Rückgriff von § 22 Abs. 1 WEG auf den Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG soll sicherstellen, dass das Recht jedes Wohnungseigentümers, auf Entscheidungen über bauliche Veränderungen durch das Zustimmungserfordernis maßgebend Einfluss zu nehmen (§ 903 BGB), grundsätzlich gewahrt bleibt. In diese Befugnis darf nur eingegriffen werden, soweit Wohnungseigentümer von der Maßnahme gar nicht oder nur ganz geringfügig betroffen sind. Für die Konkretisierung dieser spezifisch wohnungseigentumsrechtlichen Geringfügigkeit liefern die in § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten immissionsrechtlichen Grenz- und Richtwerte keinen brauchbaren Maßstab. Das gilt umso mehr, als das Zusammenleben in einer Wohnungseigentumsanlage - auch bei Entscheidungen über bauliche Veränderungen - ein stärkeres Maß an Rücksichtnahme verlangt.
* § 22 Abs. 1 WEG
Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden.
* § 14 WEG
Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet:
1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst; [...]
* § 903 Satz 1 BGB
Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.
* § 906 Abs. 1 BGB
Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.01.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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