21.11.2024
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Dokument-Nr. 17572

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Urteil24.01.2014BundesgerichtshofV ZR 48/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2014, 399Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2014, Seite: 399
  • jM 2014, 195 (Gero Schneider)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2014, Seite: 195, Entscheidungsbesprechung von Gero Schneider
  • MMR 2014, 560Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 560
  • NJW 2014, 1233Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 1233
  • NJW-Spezial 2014, 257 (Michael Drasdo)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 257, Entscheidungsbesprechung von Michael Drasdo
  • NZM 2014, 201Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2014, Seite: 201
  • ZWE 2014, 124Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht (ZWE), Jahrgang: 2014, Seite: 124
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Aschaffenburg, Urteil22.12.2011, 115 C 2751/10
  • Landgericht Bamberg, Urteil25.01.2013, 2 S 5/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil24.01.2014

Wohnungs­ei­gentümer müssen Errichtung einer Mobilfunk­sende­anlage auf dem Haus einheitlich zustimmenMiteigentümer muss bauliche Veränderungen nicht zustimmungslos hinnehmen

Die Errichtung einer Mobilfunk­sende­anlage auf dem Haus einer Wohnung­seigentümer­gemeinschaft bedarf der Zustimmung sämtlicher Wohnungs­ei­gentümer. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft fassten 2010 mehrheitlich den Beschluss, einem Unternehmen die Aufstellung und den Betrieb einer Mobilfunkanlage auf dem Fahrstuhldach der Wohnungs­ei­gen­tums­anlage zu gestatten. Die Klägerin - ebenfalls Mitglied der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft - ist damit nicht einverstanden.

Vorinstanzen geben Anfech­tungsklage des Miteigentümers statt

Der von ihr gegen den Beschluss erhobenen Anfech­tungsklage haben beide Vorinstanzen mit der Begründung stattgegeben, die Anbringung der Mobilfunkanlage sei eine bauliche Veränderung, die nach § 22 Abs. 1 i.V.m § 14 Nr. 1 WEG der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedurft hätte. Mit der Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.

Von Mobil­funksen­de­anlagen ausgehende Gefahren können Minderung des Miet- oder Verkaufswerts von Eigen­tums­woh­nungen mit sich bringen

Der Bundes­ge­richtshofs wies die Revision zurück und bestätigte die Rechts­auf­fassung der Vorinstanzen mit der Erwägung, dass auf der Grundlage des allge­mein­kundigen wissen­schaft­lichen Streits um die von Mobil­funksen­de­anlagen ausgehenden Gefahren und der daraus resultierenden Befürchtungen zumindest die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Miet- oder Verkaufswerts von Eigen­tums­woh­nungen besteht. Dies stellt eine Beein­träch­tigung dar, die ein verständiger Wohnungs­ei­gentümer nicht zustimmungslos hinnehmen muss (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG).

Zusammenleben in einer Wohnungs­ei­gen­tums­anlage verlangt auch im Hinblick auf bauliche Veränderungen stärkeres Maß an Rücksichtnahme

Entgegen der Auffassung der Revision ist eine andere Beurteilung auch nicht mit Blick auf die Regelung des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB geboten. Danach besteht zwar im Verhältnis benachbarter Grund­s­tücks­ei­gentümer eine Vermutung dafür, dass bestimmte Einwirkungen, zu denen auch Strah­le­nim­mi­sionen gehören, unwesentlich und daher hinzunehmen sind, wenn die einschlägigen Grenz- und Richtwerte eingehalten werden. Nicht aber regelt die Norm den Konflikt unter Wohnungs­ei­gen­tümern darüber, wie mit dem Gemein­schafts­ei­gentum umgegangen werden soll und ob hierzu bauliche Veränderungen mit all ihren Vorzügen und Nachteilen vorgenommen werden sollen. Der Rückgriff von § 22 Abs. 1 WEG auf den Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG soll sicherstellen, dass das Recht jedes Wohnungs­ei­gen­tümers, auf Entscheidungen über bauliche Veränderungen durch das Zustim­mungs­er­for­dernis maßgebend Einfluss zu nehmen (§ 903 BGB), grundsätzlich gewahrt bleibt. In diese Befugnis darf nur eingegriffen werden, soweit Wohnungs­ei­gentümer von der Maßnahme gar nicht oder nur ganz geringfügig betroffen sind. Für die Konkretisierung dieser spezifisch wohnungs­ei­gen­tums­recht­lichen Geringfügigkeit liefern die in § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten immis­si­ons­recht­lichen Grenz- und Richtwerte keinen brauchbaren Maßstab. Das gilt umso mehr, als das Zusammenleben in einer Wohnungs­ei­gen­tums­anlage - auch bei Entscheidungen über bauliche Veränderungen - ein stärkeres Maß an Rücksichtnahme verlangt.

* § 22 Abs. 1 WEG

Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemein­schaft­lichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungs­ei­gentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungs­ei­gen­tümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden.

* § 14 WEG

Jeder Wohnungs­ei­gentümer ist verpflichtet:

1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemein­schaft­lichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungs­ei­gentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst; [...]

* § 903 Satz 1 BGB

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.

* § 906 Abs. 1 BGB

Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beein­träch­tigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechts­ver­ord­nungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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