21.11.2024
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Sie sehen eine Häuserfassade mit einem Balkonkasten.

Dokument-Nr. 8883

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Urteil13.11.2009BundesgerichtshofV ZR 10/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2010, 69Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2010, Seite: 69
  • IMR 2010, 22Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2010, Seite: 22
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Wiesbaden, Urteil11.03.2008, 91 C 369/08-78
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil12.11.2008, 2/13 S 19/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil13.11.2009

BGH: Wohnungs­ei­gentümer hat Anspruch auf Anbringung einer Satel­li­te­n­antenneMiteigentümer müssen Parabolantenne dulden - Eigentümer­gemeinschaft bestimmt Ort für Anbringung der Satel­li­ten­schüssel

Der Inhaber einer Eigen­tums­wohnung hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, sich per Satel­li­ten­fernsehen zu informieren. Den Ort für das Anbringen der Parabolantenne bestimmt allerdings die Wohnungs­eigentümer­gemeinschaft. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine deutsche Frau polnischer Herkunft (Beklagte) eine Parabolantenne an dem Geländer eines bodentiefen Fensters ihrer Eigen­tums­wohnung angebracht. Die Antenne ermöglicht den Empfang einer Vielzahl polnisch­spra­chiger Fernseh­pro­gramme. Die Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft sah in der Satellitenschüssel eine ästhetische Beein­träch­tigung der Hausfassade und klagte auf Entfernung. Die Frau argumentierte dagegen, dass sie mit der Breit­band­ka­be­l­anlage des Hauses zwar zwei polnische Sender empfangen könne, jedoch keine Regio­na­l­pro­gramme aus Oberschlesien.

Vorinstanzen verurteilen die Frau zur Entfernung der Anlage

Das Amtgericht und das Landgericht verpflichteten die Frau zur Entfernung der Parabolantenne. Der Bundes­ge­richtshof bestätigte diese Urteile im Ergebnis und verpflichtete die Frau zur Entfernung der Antenne. Gleichwohl habe sie aber einen Anspruch, die Antenne an anderer Stelle zu installieren.

BGH: Eingriff in das gemein­schaftliche Eigentum

Auch wenn der Bestand des Gebäudes durch die Anbringung der Antenne nicht berührt werde, bedeute das Handeln der Frau einen Eingriff in das gemein­schaftliche Eigentum, den die Wohnungs­ei­gentümer ohne ihre Zustimmung nicht hinzunehmen bräuchten. Nach § 1004 Abs. 1 BGB, §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG könnten daher die übrigen Miteigentümer die Beseitigung der Parabolantenne verlangen.

Informationsinteresse

Entgegen der Meinung des Berufungs­ge­richts brauche die Beklagte sich zwar nicht auf den Empfang der beiden in das Breitbandkabel eingespeisten Sender verweisen zu lassen. Dass sie und ihre Familien­an­ge­hörigen ihre polnische Staats­an­ge­hö­rigkeit aufgegeben und die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit angenommen haben, schränke den Schutz des Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses der Beklagten durch Art. 5 Abs. 1 GG nicht ein. Das gelte auch für die Wirkungen der Grundrechte im Privatrecht. Das Interesse der Beklagten, von polnischen Fernsehsendern über die Ereignisse aus dem näheren Bereich ihres früheren Heimatlands unterrichtet zu werden, sei offensichtlich.

Frau hat Anspruch auf Empfang polnischer Programme

Dieses Interesse führe dazu, dass die übrigen Wohnungs­ei­gentümer der Beklagten den Empfang der per Satellit ausgestrahlten polnischen Programme ermöglichen müssen. Der Anspruch der Beklagten hierauf gehe jedoch weder dahin, dass die Beklagte hierzu eine Antenne an das Geländer vor dem Fenster ihrer Wohnung anbringen kann, noch dahin, dass ihr hierzu kein weiterer Aufwand zugemutet werden dürfte.

Ästhetisches Interesse der Miteigentümer

Das ästhetische Interesse der übrigen Miteigentümer und das Informationsinteresse der Beklagten seien vielmehr gegeneinander abzuwägen. Die Klägerin verwies hierzu auf die Möglichkeit, die Antenne im Dachbereich des Gebäudes anzubringen. Dadurch werde der ästhetische Eindruck des Gebäudes weniger beeinträchtigt.

Abwägung

Die Abwägung führe dazu, dass die Beklagte verlangen könne, dass die übrigen Wohnungs­ei­gentümer der Anbringung einer Parabolantenne auf dem Dach des Hauses oder in dessen Dachbereich zustimmen.

Duldungspflicht

Die Duldungspflicht der Miteigentümer führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte ohne deren Zustimmung berechtigt wäre, die zur Anbringung der Antenne notwendigen Arbeiten am Dach des Hauses vornehmen zu lassen. Den Miteigentümern sei es vielmehr vorbehalten, den konkreten Ort im Dachbereich des Gebäudes zu bestimmen, an dem die Antenne angebracht werden darf.

Quelle: ra-online, BGH

der Leitsatz

BGB § 1004 Abs. 1, WEG § 15 Abs. 3

Die Verpflichtung der Wohnungs­ei­gentümer, die Anbringung einer Parabolantenne an dem gemein­schaft­lichen Haus zu dulden, ist nicht von der Staats­bür­ger­schaft des Miteigentümers abhängig, der die Antenne angebracht hat.

Voraussetzung, eine Antenne anbringen lassen zu dürfen, ist die Zustimmung der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft. Dieser steht das Recht zu, den Ort der Anbringung zu bestimmen.

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