18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 27458

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Beschluss22.06.2017BundesgerichtshofV ZB 146/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2017, 1854Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2017, Seite: 1854
  • FGPrax 2017, 260Zeitschrift: Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGPrax), Jahrgang: 2017, Seite: 260
  • NJW-RR 2017, 1090Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 1090
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Bochum, Beschluss13.06.2016, 16 XIV(L) 70/16 D
  • Landgericht Bochum, Beschluss10.08.2016, I-7 T 134/16
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss22.06.2017

BGH: Von Freiheits­ent­ziehung betroffene Person muss trotz ansteckender Krankheit bei möglichem Gesund­heits­schutz der anhörenden Richter angehört werdenEine Anhörung ausschließende Infek­ti­o­ns­gefahr muss durch ärztliches Gutachten belegt sein

Leidet ein von einer Freiheits­ent­ziehung Betroffener an einer ansteckenden Krankheit, so muss er angehört werden, wenn eine Möglichkeit zum Gesund­heits­schutz der anhörenden Richter besteht. Zudem muss eine die Anhörung ausschließende Infek­ti­o­ns­gefahr durch ein ärztliches Gutachten belegt sein. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall litt ein Mann unter anderem an einer offenen Lungen­tu­ber­kulose. Er wurde daher auf Anordnung des Amtsgerichts Bochum auf Grundlage von § 30 des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes in einen Lungen­fach­kran­kenhaus geschlossen untergebracht. Aufgrund eines Verfah­rens­fehlers war diese Anordnung aber rechtswidrig. Das Landgericht Bochum als nächst höhere Instanz behob diesen Fehler und hielt die Anordnung zur geschlossenen Unterbringung daher aufrecht. Da in dem Verfahren vor dem Landgericht eine Anhörung des Betroffenen unterblieb, legte dieser Rechts­be­schwerde ein. Das Landgericht sah von der Anhörung wegen der ansteckenden Krankheit des Betroffenen ab.

Pflicht zur Anhörung des einer Freiheits­ent­ziehung Betroffenen trotz ansteckender Krankheit

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass das Landgericht Bochum den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe, weil es dessen persönliche Anhörung unterlassen habe. Eine solche sei in Freiheits­ent­zie­hungs­sachen grundsätzlich auch im Beschwer­de­ver­fahren notwendig. Zwar könne die Anhörung nach § 420 Abs. 2 FamFG unterbleiben, wenn der Betroffene an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes leidet. Diese Vorschrift sei aber im Hinblick auf den schwerwiegenden Grund­recht­s­eingriff einer Freiheitsentziehung einschränkend auszulegen.

Anhörungs­pflicht bei Möglichkeit des Gesund­heits­schutzes der anhörenden Richter

Dass der von einer Freiheits­ent­ziehung Betroffene an einer ansteckenden Krankheit leide, sei nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs kein Grund, von seiner persönlichen Anhörung abzusehen, wenn ausreichende Möglichkeiten zum Schutz der Gesundheit der anhörenden Richter bestehen. Zudem müsse eine Anhörung ausschließende Infek­ti­o­ns­gefahr durch ein ärztliches Gutachten belegt werden. Daran habe es hier gefehlt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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