21.11.2024
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Dokument-Nr. 22948

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Beschluss10.02.2016BundesgerichtshofXII ZB 478/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2016, 802Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2016, Seite: 802
  • NJW-RR 2016, 578Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 578
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Nürnberg, Beschluss07.07.2015, XVII 2386/03
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss10.09.2015, 13 T 6170/15
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss10.02.2016

BGH: Verlängerung einer Unterbringung in geschlossener Anstalt nach Suizidversuch erfordert Anhörung des BetroffenenFehlende Durchführung der Anhörung begründet schweren Verfah­rens­fehler

Wird die Unterbringung eines Alkoholkranken in eine geschlossene Anstalt um wenige Monate verkürzt, um die Möglichkeit einer Entlassung mit 24-Stunden-Pflegekraft zu überprüfen, so darf das Amtsgericht die Aufhebung der Verkürzung infolge eines Suizidversuchs des Betroffenen nicht genehmigen, ohne zuvor den Betroffenen anzuhören. Fehlt es an einer Anhörung liegt ein schwerer Verfah­rens­fehler vor, was zu einer Aufhebung der gerichtlichen Genehmigung führt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine 70-jährige Frau litt unter einer psychischen Erkrankung infolge einer schweren Alkoholabhängigkeit und befand sich daher seit 2012 mit einzelnen Unterbrechungen in der geschlossenen Unterbringung. Im Mai 2015 genehmigte das Amtsgericht Nürnberg nach erfolgter Anhörung die Verlängerung der Unterbringung um lediglich drei Monate. Hintergrund dessen waren Überlegungen die Betroffene unter Beaufsichtigung einer 24-Stunden-Pflegekraft zu entlassen. Die verkürzte Unterbringung sollte dazu dienen, eine passende Pflegekraft zu suchen. Etwa zwei Wochen später unternahm die Betroffene einen Suizidversuch, um eine Entlassung ohne 24-Stunden-Beaufsichtiung zu erpressen. Das Amtsgericht genehmigte aufgrund dieses Vorfalls die Verlängerung der Unterbringung um ein Jahr. Da die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde der Betroffenen vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erfolglos blieb, musste der Bundes­ge­richtshof entscheiden.

Aufhebung der gerichtlichen Genehmigung der verlängerten Unterbringung aufgrund schweren Verfah­rens­fehlers

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Betroffenen und hob daher die gerichtliche Genehmigung zur Verlängerung der Unterbringung auf. Das Verfahren habe an einem schwerwiegenden Verfah­rens­fehler gelitten, da die Betroffene entgegen § 319 Abs. 1 FamFG vor der Entscheidung über die Unterbringung vom Amtsgericht nicht angehört wurde. Dies sei aber angesichts des Suizidversuchs und der dadurch beabsichtigten Verlängerung der Unterbringung erforderlich gewesen.

Anhörung des Betroffenen stellt wesentliche Förmlichkeit dar

Der Bundes­ge­richtshof verwies darauf, dass die Anhörung des von einer Unterbringung Betroffenen eine wesentliche Förmlichkeit darstelle. Ein Verfah­rens­fehler bei der Durchführung der Anhörung verletze den Betroffenen in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und in seinem Recht aus Art. 104 Abs. 1 GG.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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