Bundesgerichtshof Urteil24.06.2015
BGH: Kostenerstattung für Badeprothese bei unzuverlässigem Schutz der Hauptprothese durch NeoprenstrumpfBadeprothese und Hauptprothese keine "Hilfsmittel gleicher Art" im Sinne der Versicherungsbedingungen
Ein Versicherungsnehmer kann von seiner privaten Krankheitskostenversicherung die Erstattung der Anschaffungskosten für eine Badeprothese verlangen, wenn die Hauptprothese nicht zuverlässig durch einen Neoprenstrumpf vor Wasser geschützt werden kann. Eine Badeprothese und eine Hauptprothese sind keine "Hilfsmittel gleicher Art" im Sinne der Versicherungsbedingungen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall begehrte der Versicherungsnehmer einer privaten Krankheitskostenversicherung die Erstattung der Anschaffungskosten für eine Badeprothese in Höhe von ca. 8.400 EUR. Die Versicherung lehnte eine Erstattung mit der Begründung ab, dass der Versicherungsnehmer bereits mit einer Hauptprothese ausgestattet ist. Soweit diese aufgrund der Elektronik anfällig für Spritzwasser sei, könne dies durch einen sogenannten Skin-Überzug verhindert werden. Ein solcher könne für 350 EUR erworben werden. Zudem könne eine Kostenerstattung für Hilfsmittel gleicher Art nach den Versicherungsbedingungen nur einmal innerhalb dreier Kalenderjahre verlangt werden. Der Versicherungsnehmer erhob schließlich Klage.
Landgericht und Oberlandesgericht gaben Klage statt
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Stuttgart gaben der Klage statt. Die Badeprothese stelle eine erstattungsfähige Beinprothese dar. Denn die Hauptprothese sei in spritzwassergefährdeter Umgebung nicht geeignet. Ein wirksamer Schutz könne auch nicht durch einen Skin-Überzug hergestellt werden. Darüber hinaus liege die Voraussetzung einer Gleichartigkeit zwischen Haupt- und Badeprothese nicht vor. Denn die Funktion der jeweiligen Hilfsmittel sei unterschiedlich. Gegen diese Entscheidung legte die beklagte Versicherung Revision ein.
Bundesgerichthof verneint Anspruch auf Kostenerstattung
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Beklagten und hob daher die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf. Ein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe nicht. Zwar sei eine Badeprothese grundsätzlich eine erstattungsfähige Beinprothese. Jedoch habe das Oberlandesgericht nicht ohne weiteres annehmen dürfen, ein Neoprenstrumpf könne die Hauptprothese nicht zuverlässig vor Wasser schützen. Das nicht über eigene Sachkunde verfügende Gericht hätte zur Klärung dieser Frage einen Sachverständigen für Orthopädietechnik beauftragen oder zumindest die Beklagte auf die Klärungsbedürftigkeit der Frage hinweisen müssen. Der Fall wurde somit an das Oberlandesgericht zur Neuverhandlung zurückgewiesen.
Badeprothese und Hauptprothese keine "Hilfsmittel gleicher Art"
Der Bundesgerichtshof folgte jedoch den Ausführungen des Oberlandesgerichts, dass die Voraussetzung einer Gleichartigkeit zwischen Haupt- und Badeprothese nicht vorliege. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer verstehe die Formulierung "Hilfsmittel gleicher Art" nicht dahin, dass binnen drei Jahre lediglich Anspruch auf Kostenerstattung für eine Bein- oder Armprothese, ein Hörgerät oder ähnliches bestehe. Stattdessen werde er annehmen, dass mit "gleicher Art" der konkrete Verwendungszweck des Hilfsmittels, insbesondere bezogen auf das jeweilig geschädigte Körperteil, gemeint sei. Im Ergebnis ziele die Klausel also auf eine Begrenzung einer Zweitversorgung oder einer Ersatzbeschaffung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.07.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)