23.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 28637

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Urteil07.11.2018BundesgerichtshofIV ZR 14/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2019, 34Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2019, Seite: 34
  • NJW 2019, 855Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2019, Seite: 855
  • VersR 2018, 1498Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2018, Seite: 1498
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Stuttgart, Urteil20.04.2016, 50 C 5956/15
  • Landgericht Stuttgart, Urteil14.12.2016, 4 S 160/16
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil07.11.2018

BGH: Privater Kranken­ver­si­cherer muss Wartungskosten für compu­ter­ge­steuertes Kniegelenk einer Beinprothese erstattenAustausch eines Gel-Liners als erstat­tungs­fähige Wartungskosten

Ein privater Kranken­ver­si­cherer muss die Wartungskosten für ein compu­ter­ge­steuertes Kniegelenk erstatten. Dazu gehören etwa die Kosten für den Austausch eines Gel-Liners. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2013 erhielt ein Mann eine Beinprothese, die mit einem compu­ter­ge­steuerten Kniegelenk im Wert von 40.000 EUR ausgestattet war. Im Sommer 2015 kam es zu einer Service-Inspektion, bei der vor allem ein sogenannter Gel-Liner mit Distalanschluss ausgewechselt wurde. Dieser dient der Verbindung zwischen dem Prothesenschaft und dem Beinstumpf und sorgt für den passgerechten Halt der Prothese. Die Kosten dafür in Höhe von über 1.600 EUR verlangte der Mann von seinem privaten Kranken­ver­si­cherer ersetzt. Nach dessen Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen war die "medizinisch notwendige Heilbehandlung" ein Versi­che­rungsfall. Nach dem Kranken­kos­tentarif des Versicherers waren die Kosten für "technische Hilfsmittel, die körperliche Behinderungen unmittelbar mildern oder ausgleichen sollen", erstat­tungsfähig. Es folgte eine knappe Auflistung von Hilfsmitteln, die unter anderem die Hilfsmittel "Beinprothesen" enthielt. Die Kosten "für Hilfsmittel gleicher Art" waren nur innerhalb von drei Kalenderjahren erstat­tungsfähig. Der Versicherer berief sich nunmehr darauf, dass kein Versi­che­rungsfall vorliege, der Gel-Liner nicht unter dem Begriff "Beinprothese" falle und die Kosten des Austauschs des Gel-Liners unter die Dreijah­res­re­gelung falle. Der Versi­che­rungs­nehmer sah dies anders und erhob daher Klage.

Amtsgericht und Landgericht wiesen Klage ab

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart wiesen die Klage ab. Das Landgericht folgte vollumfänglich der Begründung des Versicherers. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein.

Bundes­ge­richtshof bejaht Vorliegen eines Versi­che­rungsfalls

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Klägers. Nach Ansicht der Bundesrichter liege ein Versi­che­rungsfall vor. Es sei zu beachten, dass in der Amputation des linken Beins des Klägers eine behand­lungs­be­dürftige körperliche Beein­träch­tigung liege. Dieser Versi­che­rungsfall sei nicht nach der Erstversorgung des Klägers mit einer Beinprothese abgeschlossen, sondern dauere infolge des irreparablen Beinverlustes lebenslänglich fort.

Ausgetauschter Gel-Liner unterfällt Begriff "Beinprothese"

Zudem unterfalle der ausgetauschte Gel-Liner nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs dem Begriff der "Beinprothese" gemäß des Kranken­kos­ten­tarifs des Versicherers. Da sich die knapp gefasste Hilfs­mit­telliste des Tarifs auf wenige Gattungs­be­zeich­nungen beschränkt und anders als etwa das in der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung gebräuchliche Hilfs­mit­tel­ver­zeichnis keine weitergehende Aufschlüsselung dieser Hilfsmittel enthält, sei der Begriff der Beinprothese so zu verstehen, dass damit alle Teile gemeint sind, die in ihrer Gesamtheit die Beinprothese bilden und deren bestim­mungs­gemäße Nutzung als Körpe­rer­satzstück ermöglichen. Hierzu zähle auch der Gel-Liner.

Austausch des Gel-Liners unterliegt nicht Dreijah­res­re­gelung

Der Austausch des Gel-Liners unterliege schließlich nicht der Dreijah­res­re­gelung, so der Bundes­ge­richtshof. Es liegen keine Kosten für "Hilfsmittel gleicher Art" vor. Die Kosten seien nämlich für die im Jahr 2013 erworbene Beinprothese aufgewendet und damit für dasselbe Hilfsmittel. Der ausgetauschte Gel-Liner sei ein Teil der Beinprothese und somit kein anderes Hilfsmittel "gleicher Art". Die Formulierung "Hilfsmittel gleicher Art" sei so zu verstehen, dass sie lediglich auf eine Begrenzung einer Zweitversorgung oder Ersatz­be­schaffung zielt. Die Dreijah­res­re­gelung hätte gegriffen, wenn der Kläger eine neue oder zusätzliche Beinprothese mit compu­ter­ge­steuertem Kniegelenk innerhalb von drei Jahren beschafft hätte.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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