21.11.2024
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Dokument-Nr. 24444

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Bundesgerichtshof Beschluss05.04.2017

BGH: Am Verfahren nicht beteiligte Dritte haben Anspruch auf anonymisierte Abschrift von Gerichts­ent­scheidungenVoraussetzungen für Akteneinsicht müssen nicht vorliegen

An einem Gerichts­ver­fahren nicht beteiligte Dritte haben einen Anspruch auf eine anonymisierte Abschrift von Urteilen und Beschlüssen. Die Voraussetzungen für eine Akteneinsicht nach § 299 Abs. 2 der Zivil­pro­zess­ordnung (ZPO) müssen nicht vorliegen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2013 erging im Rahmen eines Berufungs­ver­fahrens vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. gegen eine Bank ein Hinweis­be­schluss, wonach das Gericht auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hingewiesen hatte. In dem Verfahren ging es um einen Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen fehlerhafter Anlageberatung. Mehrere an dem Verfahren nicht beteiligte Rechtsanwälte beantragten die Herausgabe einer anonymisierten Abschrift des Beschlusses. Die Rechtsanwälte führten mehrere Recht­strei­tig­keiten mit jeweils vergleichbarer Fallgestaltung. Das Gericht gab dem Antrag der Rechtsanwälte statt. Dagegen wendete sich jedoch die Bank. Sie führte überwiegende Geheim­hal­tungs­in­teressen an. Nachdem das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. in der Übersendung einer anonymisierten Abschrift des Beschlusses keine Probleme sah, musste sich der Bundes­ge­richtshof mit dem Fall beschäftigen.

Am Verfahren nicht beteiligte Dritte haben Anspruch auf anonymisierte Abschrift von Gericht­s­ent­schei­dungen

Der Bundes­ge­richthof entschied, dass in Zivilsachen der Gerichts­vorstand am Verfahren nicht beteiligten Dritten regelmäßig anonymisierte Abschriften von Urteilen und Beschlüssen erteilen könne. Dabei müssen die Anforderungen an die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 299 Abs. 2 ZPO nicht beachtet werden. Denn zwischen der Akteneinsicht und der Übermittlung anonymisierter Entschei­dungs­kopien bestehe ein sachlicher Unterschied. Die Gewährung von Akteneinsicht stelle einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung derjenigen dar, deren perso­nen­be­zogene Daten auf diese Weise zugänglich gemacht werden. Dagegen sei eine anonymisierte Entschei­dungs­ab­schrift nur ein Auszug aus der Akte, bei dem essentielle Teile der Entscheidung, wie etwa Namen der Beteiligten und gegebenenfalls weitere individuelle Merkmale, fehlen. Dritte erhalten dadurch keinen umfassenden Einblick in geschützte private oder geschäftliche Unterlagen der Parteien. Der Bundes­ge­richtshof verwies darauf, dass Gericht­s­ent­schei­dungen öffentlich seien und nicht der Geheimhaltung unterliegen. Die Weitergabe anonymisierter Entschei­dungs­kopien sei Teil der öffentlichen Aufgabe der Gerichte, Entscheidungen zu veröffentlichen.

Schwärzung einzelner Urteilspassagen und Verweigerung der Weitergabe anonymisierter Abschriften nur in Ausnahmefällen

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs können im Einzelfall Urteilspassagen geschwärzt werden oder im äußersten Fall die Weitergabe der anonymisierten Entschei­dungs­ab­schriften verweigert werden, wenn ausnahmsweise überwiegende Rechte der Parteien durch die Weitergabe verletzt sein können. Soweit trotz Schwärzung von Namen und Bezeichnungen der mit dem Fall Vertraute feststellen könne, um welche Parteien und welchen Sachverhalt es gehe, sei dies hinzunehmen. Dies lasse sich wegen der grundsätzlichen Öffentlichkeit des Gerichts­ver­fahrens nicht ausschließen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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