18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 14542

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Urteil13.07.1967BundesgerichtshofIII ZR 165/66
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 1967, 822Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1967, Seite: 822
  • NJW 1967, 2199Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1967, Seite: 2199
  • VersR 1967, 981Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1967, Seite: 981
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil13.07.1967

Winter­dienst­pflicht der Anlieger erstreckt sich auch auf den Halte­stel­len­bereichStärkere Belastungen des Anliegers sind hinzunehmen

Trifft den Anlieger die Räum- und Streupflicht für sein Grundstück, so erstreckt sich diese auch auf den Halte­stel­len­bereich eines öffentlichen Verkehrs­un­ter­nehmens. Eine möglicherweise daneben bestehende Pflicht des Busunternehmens beseitigt nicht die Pflicht des Anliegers. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall machte die Klägerin Schaden­er­satz­ansprüche wegen eines Glatteisunfalls geltend. Die Klägerin stürzte mittags beim Aussteigen aus einem privaten Linienbus an der Haltestelle vor einem Bahnhofsgebäude. Es herrschte winterliches Wetter, auf dem Gehsteig lag festgetretener Schnee und es war nicht gestreut. Sie meinte, die beklagte Bundesbahn als Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks sei zum Streuen verpflichtet gewesen. Die Beklagte war der Meinung, es sei für sie als Anliegerin unzumutbar zusätzliche Leistungen für den Busunternehmer zu erbringen, so dass entweder die Gemeinde oder die Klägerin streupflichtig sein müsse. Die Beklagte wurde erstinstanzlich verurteilt. Das Berufungs­gericht wies die Klage jedoch ab. Dagegen richtete sich die Revision der Klägerin.

Verkehrs­si­che­rungs­pflicht wurde verletzt

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr habe ein Anspruch auf Schadenersatz zugestanden. Es genüge zwar im Regelfall, wenn der Verkehrs­si­che­rungs­pflichtige auf einem Gehweg einen Streifen in einer Breite bestreut, die es zwei Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbeizukommen. Befinde sich aber dort eine Haltestelle eines öffentlichen Verkehrs­un­ter­nehmens, so müsse der Bürgersteig bis am Rande der Fahrbahn bestreut werden. Denn gerade beim Ein- und Aussteigen aus einem Bus könne Glätte auf dem Gehweg besonders gefährlich werden.

Fußgänger ist der Weg zum bestreuten Teil nicht zuzumuten

Zwar habe der BGH in einem Urteil vom 22.11.1965 - Az.: III ZR 32/65 - entschieden, dass einem Fußgänger zugemutet werden könne, wenige Schritte bis zum bestreuten Teil zu gehen. Im vorliegenden Fall sei es aber um die Streupflicht auf einem reinen Fußgängerweg an einem Bahnhofs­vorplatz gegangen. Dort richte sich Art und Maß der Streupflicht nach den Besonderheiten dieses Einzelfalls.

Winter­dienst­pflicht der Gemeinde und des Busunternehmens unbeachtlich

Zwar werde nach Auffassung des BGH ein Anlieger stärker belastet, wenn sich auf dem von ihm zu bestreuenden Fußgängerweg eine Haltestelle eines Verkehrs­un­ter­nehmens befinde. Dagegen könne sich der Anlieger aber nach dem Wegerei­ni­gungs­gesetz wehren. Solange die Beklagte nicht auf diesem Weg eine Beschränkung der Abwälzung der Winterdienstpflicht erreicht habe, müsse sie das Gesetz gegen sich gelten lassen.

Darüber hinaus lasse eine möglicherweise bestehende Pflicht des Busunternehmens zum Streuen und Räumen, nicht die Reini­gungs­pflicht des Anliegers entfallen. Es gelte insofern der Grundsatz, dass der Verkehrs­si­che­rungs­pflichtige nicht dadurch von seiner Pflicht befreit werde, dass ein anderer seinerseits zur Beseitigung der Gefahr verpflichtet sei. Dies diene dem Interesse und dem Schutz des Verkehrs­teil­nehmers.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

der Leitsatz

BGB § 823

Der streupflichtige Anlieger hat bei Glätte den Bürgersteig am Rande nach der Fahrbahn zu bestreuen, wenn sich hier eine Haltestelle für öffentliche Omnibuslinien befindet.

Die Streupflicht des Anliegers entfällt nicht deshalb, weil der Omnibus­un­ter­nehmer durch Benutzung einer Haltestelle die gefährliche Glätte verursacht oder vergrößert hat und deshalb möglicherweise ebenfalls zur Beseitigung der von ihm verursachten Glätte verpflichtet ist.

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