24.11.2024
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Bundesgerichtshof Beschluss05.12.2012

"So wichtig wie das tägliche Glas Milch": BGH legt EuGH Frage zur gesund­heits­be­zogenen Lebens­mit­tel­werbung vorWerbeslogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch" für den Verbraucher grundsätzlich nicht irreführend

Der Bundes­ge­richtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt, ob die Hinweis­pflichten für gesund­heits­be­zogene Lebens­mit­tel­werbung gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bereits ab dem Zeitpunkt der Geltung dieser Verordnung am 1. Juli 2007 zu beachten waren. Nach Auffassung des Gerichtshofs ist der Werbeslogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch" eines Milch­pro­dukte­her­steller für den Verbraucher nicht irreführend und enthält auch keine nährwert­be­zogene Angabe - wohl aber eine gesund­heits­be­zogene Angabe.

Die Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls stellt Milch­er­zeugnisse her und vertreibt einen Früchtequark mit der Bezeichnung "Monsterbacke". Auf dessen Verpa­ckungs­o­berseite verwendet sie den Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Die Klägerin hält dies für unzulässig im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 9 und 10 der so genannten Health-Claim-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 1924/2006), weil der Werbeslogan sowohl nährwert- als auch gesund­heits­be­zogene Angaben über Lebensmittel enthalte, weiter erforderliche Angaben aber fehlten. Im Übrigen sei der Slogan irreführend nach § 11 Abs. 1 LFGB, weil nicht auf den gegenüber Milch erheblich erhöhten Zuckergehalt hingewiesen werde. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt.

BGH erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH

Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt, ob die Hinweis­pflichten gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bereits ab dem Zeitpunkt der Geltung dieser Verordnung am 1. Juli 2007 zu beachten waren.

BGH bejaht gesund­heits­be­zogene Angaben auf Produkt

Der Bundes­ge­richtshof ist dabei davon ausgegangen, dass der Werbeslogan nicht irreführend ist und auch keine nährwert­be­zogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, wohl aber eine gesund­heits­be­zogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 dieser Verordnung darstellt. Dies entnimmt der Bundes­ge­richtshof der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "Deutsches Weintor". Danach ist der Begriff "gesund­heits­be­zogene Angabe" weit zu verstehen.

Anwendbarkeit der Verordnung für Erfolg des Rechtsmittels entscheidend

Der Erfolg des Rechtsmittels hängt demnach davon ab, ob die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 in dem für die Beurteilung des Falles relevanten Zeitraum im Jahr 2010 bereits anwendbar war. Hierfür spricht der Wortlaut des Art. 28 Abs. 5 der Verordnung, in dem Art. 10 Abs. 2 der Verordnung nicht genannt ist. Nach der gegenteiligen Ansicht spricht der systematische Zusammenhang der Regelung dafür, dass die Hinweis­pflichten gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 erst ab der - nach wie vor ausstehenden - Verabschiedung der Liste zugelassener gesund­heits­be­zogener Angaben gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verordnung gelten.

Art. 2 Abs. 2

[...]

4. "nährwert­be­zogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwer­t­ei­gen­schaften besitzt, und zwar aufgrund

a)der Energie (des Brennwerts), die es

i)liefert,

ii)in vermindertem oder erhöhtem Maße liefert oder

iii)nicht liefert, und/oder

b)der Nährstoffe oder anderen Substanzen, die es

i)enthält,

ii)in verminderter oder erhöhter Menge enthält oder

iii)nicht enthält;

5. "gesund­heits­be­zogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebens­mit­tel­ka­tegorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;

[…]

Art. 10

[…]

(2) Gesund­heits­be­zogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebens­mit­tel­werbung folgende Informationen tragen:

a)einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechs­lungs­reichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,

b)Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,

c)gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und

d)einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesund­heits­gefahr darstellen könnten.

[…]

Art. 28

[…]

(5) Gesund­heits­be­zogene Angaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a dürfen ab Inkrafttreten dieser Verordnung bis zur Annahme der in Art. 13 Abs. 3 genannten Liste unter der Verantwortung von Lebens­mit­tel­un­ter­nehmern verwendet werden, sofern die Angaben dieser Verordnung und den einschlägigen einzel­staat­lichen Vorschriften entsprechen; dies gilt unbeschadet der Annahme von Schutzmaßnahmen gemäß Art. 23. ´

[…]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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