18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil25.07.2019

Markeninhaber kann sich gegen irreführende Verwendung seiner Marke in Anzeigen bei Google-Suche widersetzenBGH zur marken­recht­lichen Haftung für auch auf Produkte von Drittanbietern verlinkte Google-Anzeigen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass sich ein Markeninhaber der Verwendung seiner Marke in einer Anzeige nach einer Google-Suche widersetzen kann, wenn die Anzeige aufgrund der konkreten Gestaltung irreführend ist und Kundinnen und Kunden durch die auf diese Weise ausgebeutete Werbewirkung der Marke (auch) zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist Herstellerin wasserdichter Taschen und Trans­port­be­hälter, die sie unter der Bezeichnung Ortlieb vermarktet. Sie ist Inhaberin einer ausschließ­lichen Lizenz an der deutschen Wortmarke "ORTLIEB", die u.a. Schutz für Taschen für Sport und Freizeit beansprucht.

Die Beklagten sind Gesellschaften des Amazon-Konzerns. Die Beklagte zu 1 ist für den technischen Betrieb der Internetseite www.amazon.de verantwortlich. Die Beklagte zu 2 ist Verkäuferin auf dieser Internetseite und tritt unter dem Verkäufernamen "Amazon" auf.

Klägerin rügt Verletzung des Rechts ihrer Marke

Die Klägerin wandte sich dagegen, dass bei Eingabe der Suchbegriffe "Ortlieb Fahrradtasche", "Ortlieb Gepäcktasche" und "Ortlieb Outlet" in die Google-Suchfunktion von den Beklagten gebuchte Anzeigen erschienen, die die Wörter "Ortlieb Fahrradtasche", "Ortlieb Fahrradtasche Zubehör", "Lenkertasche Fahrrad Ortlieb" und "Ortlieb Gepäcktaschen" enthielten und mit Angebotslisten auf www.amazon.de verlinkt waren, die neben Ortlieb-Produkten auch Produkte anderer Hersteller zeigten. Die Klägerin bot ihre Produkte nicht über die Plattform "amazon.de" an. Sie sah in den mit gemischten Angebotslisten verlinkten Anzeigen eine Verletzung des Rechts an der Marke "ORTLIEB" und nahm die Beklagten auf Unterlassung und Erstattung vorge­richt­licher Kosten in Anspruch.

Vorinstanzen bejahen Unter­las­sungs­an­spruch

Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten blieb überwiegend erfolglos. Das Berufungs­gericht nahm an, dass der Klägerin gegen die Beklagten gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG* ein Unter­las­sungs­an­spruch zustehe. Die Beklagte zu 1 habe das Zeichen "ORTLIEB" benutzt. Die herkunfts­hin­weisende Funktion der Marke werde durch die Präsentation von Produkten anderer Hersteller als "Treffer" zu den erwarteten Angeboten von Ortlieb-Produkten beeinträchtigt. Erschöpfung gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG** sei nur eingetreten, soweit die Anzeigen sich auf Ortlieb-Produkte bezögen. Die Beklagte zu 2 hafte gemäß § 14 Abs. 7 MarkenG* für die von der Beklagten zu 1 begangene Marken­rechts­ver­letzung.

Irreführende Verwendung einer Marke aufgrund konkreter Anzei­gen­ge­staltung unzulässig

Der Bundes­ge­richtshof wies die Revision der Beklagten zurück. Das Berufungs­gericht habe im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die Klägerin den Beklagten die Verwendung der Marke "ORTLIEB" in den beanstandeten Anzeigen untersagen könne, weil die konkrete Nutzung irreführend ist. Grundsätzlich stehe allerdings der Umstand, dass ein Händler neben Produkten des Marken­her­stellers auch Konkur­renz­produkte anbietet, einer Verwendung der Marke in der Werbung für dieses Produkt­sor­timent nicht entgegen, sofern die berechtigten Interessen des Markeninhabers gewahrt bliebe. Werde eine Marke in Anzeigen nach einer Google-Suche aufgrund der konkreten Gestaltung der Anzeige aber irreführend verwendet, so dass Kunden durch die auf diese Weise ausgebeutete Werbewirkung der Marke (auch) zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden, könne sich der Markeninhaber dieser Verwendung der Marke widersetzen.

Präsentation von Fremdprodukten bei Suche nach bestimmter Marke ist als irreführende Verwendung einer Anzeige anzusehen

So lag der Fall in dem vom Bundes­ge­richtshof jetzt entschiedenen Verfahren: Nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts, die revisi­ons­rechtlich nicht zu beanstanden waren, erwarte der Verkehr, dass ihm beim Anklicken der streit­ge­gen­ständ­lichen Anzeigen Angebote der dort beworbenen Produkte - unter anderem Fahrradtaschen, Lenkertaschen und Gepäcktaschen - von Ortlieb gezeigt werden. Die Gestaltung der Anzeigen gebe dem Verkehr keinerlei Veranlassung anzunehmen, ihm werde eine Angebots­übersicht präsentiert, in der ohne gesonderte Kennt­lich­machung neben Ortlieb-Produkten gleichrangig Angebote anderer Hersteller enthalten sind. Die verkürzten Adressen der Internetseiten unter dem Text der Anzeigen - z.B. www.amazon.de/ortlie­b+fahr­rad­tasche - suggeriere vielmehr, dass dieser Link zu einer Zusam­men­stellung von Angeboten auf der Webseite www.amazon.de führe, die die genannten Kriterien erfüllen, mithin (allein) zu Produkten der Marke Ortlieb. Da Kundinnen und Kunden nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts mit spezifisch zur Anzeige passenden Angeboten rechnen würden, tatsächlich aber zu Angebotslisten geführt werden, die auch Fremdprodukte enthalten, werde die Klagemarke in den streitigen Anzeigen irreführend verwendet. Dieser Verwendung der Marke könne sich die Klägerin widersetzen.

Die Beklagte zu 2 hafte gemäß § 14 Abs. 7 MarkenG* für die von der Beklagten zu 1 begangene Marken­rechts­ver­letzung, soweit sie auf den mit den irreführenden Anzeigen verlinkten Internetseiten selbst Fremdprodukte anbietet.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Erläuterungen

*§ 14 Abs. 1 und 2 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 7 MarkenG

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließ­liches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1. ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienst­leis­tungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt, [...]

[...]

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wieder­ho­lungs­gefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

[...]

(7) Wird die Verlet­zungs­handlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unter­las­sungs­an­spruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schaden­s­er­satz­an­spruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

§ 24 MarkenG

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inver­kehr­bringen verändert oder verschlechtert ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online (pm/kg)

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