Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Hersteller von Kennzeichen für Kraftfahrzeuge warb im Jahr 1960 für seine Leistungen, in dem er Personen vor dem Straßenverkehrsamt direkt ansprach. Sein Betrieb befand sich gegenüber dem Amt in einem Hintergebäude. Ein Reklameschild am Eingang zum Hinterhof wies auf seinen Betrieb hin. Ein Mitbewerber, dessen Betriebsräume sich ebenfalls gegenüber dem Straßenverkehrsamt befanden und vom Ausgang des Gebäudes gut zu erkennen waren, sah in dem Ansprechen einen Verstoß gegen den lauteren Wettbewerb. Er klagte daher auf Unterlassung.
Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das Berufungsgericht begründete dies damit, dass unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen das Ansprechen von Interessenten gegen das Anstandsgefühl des verständigen Durchschnittsgewerbetreibenden verstoßen habe. Denn der Beklagte habe die Passanten in unmittelbarer Nähe des Geschäfts des Mitbewerbers und in dessen Blickfeld angesprochen. Dadurch habe er in einer plumpen und im Allgemeinen auch lästig empfundenen Weise die Passanten zu sich herübergeholt. Dieses Verhalten stelle nicht nur eine Belästigung, sondern auch eine Behinderung des Wettbewerbs dar. Vor allem wenn man bedenke, dass solche Werbung auf die Höflichkeit, Gutmütigkeit oder Anständigkeit der Interessenten, die oft aus Hemmung und um weitere Belästigungen zu entgehen, nachgeben würden. Gegen das Berufungsurteil legte der Beklagte Revision ein.
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Berufungsurteil. In dem Ansprechen der aus dem Straßenverkehrsamt kommenden Personen habe ein Wettbewerbsverstoß gelegen, da dadurch das Publikum belästigt und das Geschäft des Mitbewerbers behindert worden sei. Die Wettbewerbswidrigkeit habe insbesondere darin gelegen, dass durch das belästigende Einwirken des Umworbenen dieser davon abgelenkt wurde, die Werbung des Mitbewerbers wahrzunehmen oder sich ungestört mit ihr zu befassen.
Der Bundesgerichtshof führte weiter aus, dass das Landgericht aus zutreffenden Erwägungen in dem Verhalten des Beklagten eine Belästigung der Passanten sah. Ergänzend führte er aus, dass zwar in einigen Fällen dem Interessenten es Recht sei, angesprochen zu werden. Oft sei dies tatsächlich aber nicht der Fall. Ohnehin komme es nicht darauf an, ob alle Angesprochenen sich belästigt fühlen. Zudem habe die Gefahr bestanden, dass sich Mitbewerber aus Wettbewerbsgründen gezwungen sahen, diese Werbemethode nachzuahmen. Dies würde jedoch zu einer untragbaren Belästigung der Allgemeinheit führen. Soweit der Beklagte meinte, die Verwaltungsbehörde könne die Erlaubnis zu dieser Art der Werbung versagen oder entziehen, verkenne der Beklagte, dass dies mit Rücksicht auf die Zahl der Wettbewerber nicht in Betracht kommt. Denn dies würde auf eine unzulässige ungleiche Behandlung hinauslaufen.
Aus Sicht des Gerichtshofs habe das Berufungsgericht zu Recht davon ausgehen dürfen, dass die wettbewerbliche Betätigung des Mitbewerbers behindert wurde. Die Behinderung habe in der wettbewerbswidrigen Einwirkung auf die Umworbenen gelegen. Der Beklagte habe die Passanten daran gehindert, sich einen ruhigen Überblick über die verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten zu verschaffen und einen Eindruck von den in Betracht kommenden Unternehmen zu gewinnen. Nur so sei aber ein sachlicher Leistungsvergleich möglich gewesen. Zu beachten sei aber, dass eine solche Behinderung nur dann wettbewerbswidrig sei, wenn sie in der Nähe des behinderten Unternehmens stattfindet.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.06.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)