21.11.2024
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Dokument-Nr. 15960

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Urteil08.04.1960BundesgerichtshofI ZR 24/59
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR 1960, 431Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 1960, Seite: 431
  • NJW 1960, 1294Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1960, Seite: 1294
  • WRP 1960, 155Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 1960, Seite: 155
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil08.04.1960

BGH: Hersteller von Autokennzeichen dürfen vor Straßen­ver­kehrsamt nicht gezielt Personen ansprechenVerstoß gegen den lauteren Wettbewerb liegt vor

Das gezielte Ansprechen von Passanten zu Werbezwecken ist belästigend und behindert die geschäftliche Betätigung von Mitbewerbern. Spricht ein Hersteller von Autokennzeichen daher Personen direkt vor dem Straßen­ver­kehrsamt an, so handelt er wettbe­wer­bs­widrig. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Hersteller von Kennzeichen für Kraftfahrzeuge warb im Jahr 1960 für seine Leistungen, in dem er Personen vor dem Straßen­ver­kehrsamt direkt ansprach. Sein Betrieb befand sich gegenüber dem Amt in einem Hintergebäude. Ein Reklameschild am Eingang zum Hinterhof wies auf seinen Betrieb hin. Ein Mitbewerber, dessen Betriebsräume sich ebenfalls gegenüber dem Straßen­ver­kehrsamt befanden und vom Ausgang des Gebäudes gut zu erkennen waren, sah in dem Ansprechen einen Verstoß gegen den lauteren Wettbewerb. Er klagte daher auf Unterlassung.

Vorinstanzen gaben Klage statt

Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das Berufungs­gericht begründete dies damit, dass unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen das Ansprechen von Interessenten gegen das Anstandsgefühl des verständigen Durch­schnitts­ge­wer­be­trei­benden verstoßen habe. Denn der Beklagte habe die Passanten in unmittelbarer Nähe des Geschäfts des Mitbewerbers und in dessen Blickfeld angesprochen. Dadurch habe er in einer plumpen und im Allgemeinen auch lästig empfundenen Weise die Passanten zu sich herübergeholt. Dieses Verhalten stelle nicht nur eine Belästigung, sondern auch eine Behinderung des Wettbewerbs dar. Vor allem wenn man bedenke, dass solche Werbung auf die Höflichkeit, Gutmütigkeit oder Anständigkeit der Interessenten, die oft aus Hemmung und um weitere Belästigungen zu entgehen, nachgeben würden. Gegen das Berufungsurteil legte der Beklagte Revision ein.

BGH bestätigte Vorliegen eines Wettbe­wer­bs­ver­stoßes

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte das Berufungsurteil. In dem Ansprechen der aus dem Straßen­ver­kehrsamt kommenden Personen habe ein Wettbewerbsverstoß gelegen, da dadurch das Publikum belästigt und das Geschäft des Mitbewerbers behindert worden sei. Die Wettbe­wer­bs­wid­rigkeit habe insbesondere darin gelegen, dass durch das belästigende Einwirken des Umworbenen dieser davon abgelenkt wurde, die Werbung des Mitbewerbers wahrzunehmen oder sich ungestört mit ihr zu befassen.

Belästigung der Umworbenen lag vor

Der Bundes­ge­richtshof führte weiter aus, dass das Landgericht aus zutreffenden Erwägungen in dem Verhalten des Beklagten eine Belästigung der Passanten sah. Ergänzend führte er aus, dass zwar in einigen Fällen dem Interessenten es Recht sei, angesprochen zu werden. Oft sei dies tatsächlich aber nicht der Fall. Ohnehin komme es nicht darauf an, ob alle Angesprochenen sich belästigt fühlen. Zudem habe die Gefahr bestanden, dass sich Mitbewerber aus Wettbe­wer­bs­gründen gezwungen sahen, diese Werbemethode nachzuahmen. Dies würde jedoch zu einer untragbaren Belästigung der Allgemeinheit führen. Soweit der Beklagte meinte, die Verwal­tungs­behörde könne die Erlaubnis zu dieser Art der Werbung versagen oder entziehen, verkenne der Beklagte, dass dies mit Rücksicht auf die Zahl der Wettbewerber nicht in Betracht kommt. Denn dies würde auf eine unzulässige ungleiche Behandlung hinauslaufen.

Wettbewerbliche Betätigung des Mitbewerbers wurde behindert

Aus Sicht des Gerichtshofs habe das Berufungs­gericht zu Recht davon ausgehen dürfen, dass die wettbewerbliche Betätigung des Mitbewerbers behindert wurde. Die Behinderung habe in der wettbe­wer­bs­widrigen Einwirkung auf die Umworbenen gelegen. Der Beklagte habe die Passanten daran gehindert, sich einen ruhigen Überblick über die verschiedenen Einkaufs­mög­lich­keiten zu verschaffen und einen Eindruck von den in Betracht kommenden Unternehmen zu gewinnen. Nur so sei aber ein sachlicher Leistungs­ver­gleich möglich gewesen. Zu beachten sei aber, dass eine solche Behinderung nur dann wettbewerbswidrig sei, wenn sie in der Nähe des behinderten Unternehmens stattfindet.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

der Leitsatz

UWG § 1

a) Die öffentlich-rechtliche Erlaubnis zur Ausübung des Straßenhandels (Stadt­hau­sier­schein) verleiht keine rechtliche Sonderstellung in Bezug auf die Einhaltung der Gebote des lauteren Wettbewerbs.

b) Zur Wettbe­wer­bs­wid­rigkeit des Abfangens von Kunden in der Nähe des Konkur­renz­ge­schäfts und des Ansprechens von Passanten auf öffentlichen Straßen und Plätzen.

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