21.11.2024
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Dokument-Nr. 22933

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Beschluss21.01.2016BundesgerichtshofI ZB 12/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2016, 814Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2016, Seite: 814
  • NJW-RR 2016, 583Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 583
  • WuM 2016, 515Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2016, Seite: 515
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Herford, Beschluss01.11.2014, 7b M 778/13
  • Landgericht Bielefeld, Beschluss30.01.2015, 23 T 851/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss21.01.2016

BGH: Räumungsschutz auf unbestimmte Zeit aufgrund Gesundheits- oder Suizidgefahr beim Schuldner nur in absoluten AusnahmefällenVerringerung des Gesund­heits­risikos oder der Suizidgefahr muss ausgeschlossen sein

Besteht ein Gesund­heits­risiko oder eine Suizidgefahr bei einem Schuldner aufgrund einer Zwangsräumung, so kann nur in absoluten Ausnahmefällen ein Räumungsschutz auf unbestimmte Zeit gewährt werden. Ein solcher Ausnahmefall wird in der Regel nur vorliegen, wenn eine Verringerung des Gesund­heits­risikos oder der Suizidgefahr in Zukunft ausgeschlossen ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück einer 92-jährigen Frau im Januar 2013 zwangs­ver­steigert. Nachfolgend wurde der Frau mehrmals Räumungsschutz gewährt. Im Januar 2015 hat das Landgericht Bielefeld schließlich die Zwangsvollstreckung auf unbestimmte Zeit eingestellt. Es begründete seine Entscheidung damit, dass mit hoher Wahrschein­lichkeit davon auszugehen sei, dass die 94-jährige Frau die Zwangsräumung aufgrund ihres Gesund­heits­zu­standes nicht überleben werde und dass sie bei einer Zwangsräumung Selbstmord begehen werde. Die Gläubigerin sah dies anders und legte gegen die Entscheidung Rechts­be­schwerde ein.

Einstellung der Zwangs­voll­streckung auf unbestimmte Zeit nur in absoluten Ausnahmefällen

Der Bundes­ge­richtshof führte zum Fall aus, dass eine Zwangs­voll­streckung gemäß § 765 a ZPO untersagt oder einstweilig eingestellt werden könne, wenn mit der Vollstre­ckungs­maßnahme eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden sei. Es komme aber stets auf eine Abwägung zwischen dem Interesse des Schuldners und dem Vollstre­ckungs­in­teresse des Gläubigers an. Sei der Räumungstitel des Gläubigers nicht durchsetzbar, werde sein Grundrecht auf Eigentumsschutz (Art. 14 GG) sowie auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beeinträchtigt. Bestehe daher für den Betroffenen einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Lebensgefahr, sei sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auf andere Weise als durch Einstellung der Vollstreckung wirksam begegnet werden könne. Ein Räumungsschutz auf unbestimmte Zeit sei in solchen Fällen eine absolute Ausnahme.

Räumungsschutz auf unbestimmte Zeit nur bei Ausschluss der Verringerung des Gesund­heits­risikos oder der Suizidgefahr

Ein Räumungsschutz auf unbestimmte Zeit komme regelmäßig nur dann ausnahmsweise in Betracht, so der Bundes­ge­richtshof, wenn die Verringerung des Gesund­heits­risikos oder der Suizidgefahr auch unter Berück­sich­tigung einer etwaigen Mitwirkung des Schuldners und staatlicher Stellen in Zukunft ausgeschlossen sei.

Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Gläubigerin und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Zum einen habe ein Verfah­rens­fehler vorgelegen und zum anderen haben die Feststellungen des Landgerichts eine dauerhafte Einstellung der Zwangs­voll­streckung nicht gerechtfertigt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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