18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 23229

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Beschluss16.06.2016BundesgerichtshofI ZB 109/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • WuM 2016, 573Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2016, Seite: 573
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Fürstenwalde, Beschluss05.02.2013, 16 M 1985/12
  • Landgericht Frankfurt (Oder), Beschluss01.10.2015, 19 T 62/13
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss16.06.2016

BGH: Berück­sich­tigung einer Gesund­heits­gefahr des Vermieters bei Entscheidung über Aussetzung einer Zwangsräumung eines selbst­mord­gefährdeten MietersHöheres Gefährdungs­potential beim Mieter begründet befristete Einstellung der Zwangsräumung

Bei der Entscheidung über die Aussetzung einer Zwangsräumung ist nicht nur die mit der Zwangsräumung verbundene konkrete Lebensgefahr des Mieters zu berücksichtigen, sondern auch die mit dem weiteren Voll­streckungs­stillstand verbundene Gesund­heits­gefahr für den Vermieter. Ist das Gefährdungs­potential beim Mieter höher zu bewerten als beim Vermieter, so kommt eine befristete Einstellung der Zwangsräumung in Betracht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde die Mieterin eines Bungalows vom Landgericht Frankfurt (Oder) im April 2012 zur Räumung und Herausgabe des Bungalows verurteilt. Sie führte unter Bezugnahme auf ein ärztliches Gutachten nachfolgend an, dass eine Zwangsräumung für sie lebens­be­drohlich wäre. Sie beantragte daher Räumungsschutz.

Amtsgericht und Landgericht verneinten Räumungsschutz

Sowohl das Amtsgericht Fürstenwalde als auch das Landgericht Frankfurt (Oder) verneinten einen Räumungsschutz. Zwar sei die Mieterin nach Ausführungen eines Sachver­ständigen schwer psychisch krank, so dass die Zwangsräumung eine konkrete Lebensgefahr begründen würde. Ihr Zustand könne sich in begrenzten Umfang allenfalls durch eine längerfristige ambulante Therapie verbessern. Eine stationäre Therapie sei aufgrund ihrer Erkrankung nicht möglich. Es sei aber zugleich zu berücksichtigen, dass bei der Vermieterin aufgrund des Vollstre­ckungs­ver­fahrens eine leichte depressive Episode vorliege. Der Vermieter leide wiederum aufgrund des Räumungs­ver­fahrens unter einer depressiven Anpas­sungs­störung. Beide Erkrankungen können im Falle eines Räumungs­schutzes zu einer Suizid- bzw. Selbst­schä­di­gungs­gefahr führen. Zwar sei das Gefähr­dungs­po­tential der Mieterin höher zu bewerten. Den Vermietern könne es aber nicht zugemutet werden, in den schick­sals­haften Lebensverlauf der Mieterin einbezogen zu werden und sich hierfür aufopfern zu müssen. Die Mieterin müsse vielmehr ihr allgemeines Lebensrisiko, zu dem ein Wohnungswechsel gehöre, selbst tragen und die Zwangsräumung unter Heranziehung von Hilfs­mög­lich­keiten hinnehmen. Gegen diese Entscheidung legte die Mieterin Rechts­be­schwerde ein.

Bundes­ge­richtshof gewährte befristete Aussetzung der Zwangsräumung

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Mieterin und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Mieterin sei gemäß § 765 a ZPO eine befristete Aussetzung der Zwangsräumung zu gewähren. Denn das deutlich höhere Gefähr­dungs­po­tential bei der Mieterin könne nicht unberück­sichtigt bleiben. Die Mieterin habe in der Zeit des Räumungs­schutzes geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verbesserung ihres Gesund­heits­zu­standes zu erreichen. Eine Verringerung der Lebensgefahr sei nach Einschätzung des Sachver­ständigen nicht ausgeschlossen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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