Bundesgerichtshof Beschluss31.01.2012
Bundesgerichtshof zur Anreizregulierung der EnergienetzeNeufassung von § 9 der Anreizregulierungsverordnung wirksam und auch rückwirkend auf gesamte erste Regulierungsperiode anwendbar
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erneut mit der Regulierung der Entgelte für die Durchleitung von Elektrizität durch fremde Stromnetze nach der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) zu befassen.
Der Bundesgerichtshof hatte bereits mit Beschlüssen vom 28. Juni 2011 entschieden, dass die nach § 9 Abs. 1 ARegV a.F. vorgesehene Berücksichtigung eines netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts in der Verordnungsermächtigung des § 21 a EnWG a.F. keine gesetzliche Grundlage fand. Mit dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2011 ist die der Anreizregulierungsverordnung zu Grunde liegende Vorschrift des § 21 a EnWG geändert worden. Daneben hat der Gesetzgeber § 9 ARegV, der den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor betrifft, zum Teil neu gefasst.
Bei Bestimmung der Erlösobergrenzen ist in erster Regulierungsperiode genereller sektoraler Produktivitätsfaktor von jährlich 1,25 Prozent zu berücksichtigen
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Neufassung des § 9 ARegV wirksam ist und (auch rückwirkend) auf die gesamte erste Regulierungsperiode nach der Anreizregulierungsverordnung anzuwenden ist. Auf Grund der Gesetzesänderung in § 21 a Abs. 4 Satz 7, Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 EnWG liegt nun eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage hierfür vor. Nach § 9 Abs. 2 ARegV ist danach in der ersten Regulierungsperiode ein genereller sektoraler Produktivitätsfaktor von jährlich 1,25 Prozent bei der Bestimmung der Erlösobergrenzen zu berücksichtigen.
Mehrerlöse sind im Anwendungsbereich der Anreizregulierungsverordnung in Ausgleich zu bringen
Außerdem hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch in der Übergangsphase von der kostenbasierten Entgeltregulierung zur Anreizregulierung die bereits im Beschluss vom 14. August 2008 aufgestellten Grundsätze der Mehrerlössaldierung gelten. Die Netzbetreiber dürfen demnach die in der Zeit vor der ersten Entgeltgenehmigung vereinnahmten Entgelte insoweit nicht behalten, als sie nach den materiellen Maßstäben des Energiewirtschaftsgesetzes überhöht waren. Soweit diese Mehrerlöse nicht schon bei der kostenbasierten Entgeltregulierung angesetzt worden sind, sind sie im Anwendungsbereich der Anreizregulierungsverordnung in Ausgleich zu bringen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.02.2012
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online