Dokument-Nr. 11882
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- Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss24.03.2010, VI-3 Kart 166/09 (V)
- Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss24.03.2010, VI-3 Kart 200/09 (V)
Bundesgerichtshof Beschluss28.06.2011
BGH entscheidet erstmals zur AnreizregulierungsverordnungBundesnetzagentur muss in einigen Punkten über Anträge der Netzbetreiber neu entscheiden
Der Bundesgerichtshof musste sich mit der Regulierung der Entgelte für die Durchleitung von Elektrizität durch fremde Stromnetze auseinandersetzen und konnte dabei Wesentliche Fragen der Anreizregulierungsverordnung klären.
In den vorliegenden Fällen bilden die Regelungen der der §§ 20 ff. EnWG den rechtlichen Hintergrund der Verfahren. Danach müssen Betreiber von Energieversorgungsnetzen grundsätzlich jedermann Netzzugang gewähren, können hierfür aber ein Entgelt verlangen, dessen Höhe der Regulierung durch die Bundesnetzagentur oder die nach Landesrecht zuständigen Behörden unterliegt.
Durch Anreizregulierung sollen Anreize zur Senkung von Kosten geschaffen werden
Ab dem 1. Januar 2009 werden diese Entgelte im Wege der Anreizregulierung bestimmt. Dies bedeutet, dass die Regulierungsbehörden nicht mehr ein bestimmtes Entgelt genehmigen, sondern den Netzbetreibern nur noch eine Obergrenze für die Gesamterlöse vorgeben. Wenn es den Netzbetreibern gelingt, ihre Kosten über die behördlichen Vorgaben hinaus zu reduzieren, dürfen sie daraus resultierende Gewinne behalten. Für die Netzbetreiber ergeben sich daraus Anreize zur Senkung der Kosten.
Meinungsverschiedenheiten über einzelne Vorschriften der Verordnung
In den nunmehr entschiedenen Fällen war es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Bundesnetzagentur und den Netzbetreibern darüber gekommen, wie einzelne Vorschriften der Anreizregulierungsverordnung über die Bestimmung der Erlösobergrenzen auszulegen sind.
BGH gibt Berechnungen der Bundesnutzagentur teilweise recht
Der Bundesgerichtshof hat die Berechnungen der Bundesnetzagentur nur teilweise gebilligt und ihr im Übrigen aufgegeben, über die Anträge der Netzbetreiber in einigen Punkten neu zu entscheiden.
Bestätigt wurde die Berechnung des pauschalierten Investitionszuschlags nach § 25 ARegV in Höhe von jährlich 1 %; das Begehren der Netzbetreiber, diesen Zuschlag von Jahr zu Jahr ansteigen zu lassen (1 % für das erste Jahr, 2 % für das zweite Jahr usw.), ist erfolglos geblieben. Als zutreffend erachtet wurde auch die Höhe des angesetzten Zinssatzes für Fremdkapital.
Auch Netzbetreiber konnten sich teilweise durchsetzen
In anderen Punkten konnten sich dagegen die Netzbetreiber durchsetzen. Insbesondere ist bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus, für das gemäß § 6 Abs. 2 ARegV** das Ergebnis der Kostenprüfung der letzten Entgeltgenehmigung heranzuziehen ist, die in der Zwischenzeit ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen, die einzelne Bestimmungen über die Kostenprüfung anders ausgelegt hat als die Regulierungsbehörden. Entsprechendes gilt bei der Berechnung des pauschalierten Investitionszuschlags nach § 25 ARegV*****. Einer Neuberechnung bedarf auch die Anpassung an die allgemeine Geldentwertung (Inflation). Hierbei darf es zwar berücksichtigt werden, wenn die Einstandspreise für Netzbetreiber eine andere Entwicklung nehmen als die Verbraucherpreise. Die nach § 9 Abs. 1 ARegV*** zusätzlich vorgesehene Berücksichtigung eines netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts findet hingegen in der Verordnungsermächtigung des § 21 a EnWG keine gesetzliche Grundlage und ist daher unzulässig. Des Weiteren ist der Erweiterungsfaktor entsprechend § 10 ARegV**** bereits im ersten Jahr der Regulierungsperiode zu berücksichtigen.
Anspruch auf Anpassung der Erlöseobergrenzen im Härtefall bestätigt
Schließlich hat der Bundesgerichtshof die - von der Bundesnetzagentur angegriffene - Rechtsauffassung der Vorinstanz bestätigt, dass die Netzbetreiber im Rahmen der Härtefallregelung des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV* einen Anspruch auf Anpassung der Erlösobergrenzen haben können, wenn ihre Kosten nach dem für die Kostenprüfung maßgeblichen Jahr 2006 in unerwartetem Ausmaß gestiegen sind.
Erläuterungen
*§ 4 ARegV - Erlösobergrenzen
(1) ...
(4) Auf Antrag des Netzbetreibers
1. ...
2. kann eine Anpassung der Erlösobergrenze erfolgen, wenn auf Grund des Eintritts eines unvorhersehbaren Ereignisses im Falle der Beibehaltung der Erlösobergrenze eine nicht zumutbare Härte für den Netzbetreiber entstehen würde.
**§ 6 ARegV - Bestimmung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenze
(1) ...
(2) Als Ausgangsniveau für die erste Regulierungsperiode ist das Ergebnis der Kostenprüfung der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach § 23 a des Energiewirtschaftsgesetzes vor Beginn der Anreizregulierung, die auf der Datengrundlage des Geschäftsjahres 2006 oder eines früheren Geschäftsjahres basiert, heranzuziehen.
***§ 9 ARegV - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor
(1) Der generelle sektorale Produktivitätsfaktor wird ermittelt aus der Abweichung des netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt und der gesamtwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung von der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung.
(2) ...
****§ 10 ARegV - Erweiterungsfaktor
(1) Ändert sich während der Regulierungsperiode die Versorgungsaufgabe des Netzbetreibers nachhaltig, wird dies bei der Bestimmung der Erlösobergrenze durch einen Erweiterungsfaktor berücksichtigt. Die Ermittlung des Erweiterungsfaktors erfolgt nach der Formel in Anlage 2.
(2) ...
*****§ 25 ARegV - Pauschalierter Investitionszuschlag
(1) In die Erlösobergrenze ist vor Beginn der Regulierungsperiode bei der Festlegung nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 auf Verlangen des Netzbetreibers ein pauschalierter Investitionszuschlag nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 einzubeziehen.
(2) Der pauschalierte Investitionszuschlag darf pro Kalenderjahr 1 Prozent der nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 bestimmten Kapitalkosten nicht überschreiten.
(3) ...
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.06.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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