23.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil05.07.2000

BGH: Verurteilung eines Fluchthelfers wegen Erschießung eines Grenzpostens an der Berliner Mauer rechtmäßigHeimtückisches Handeln – Fluchthelfer nutzte bewusst Ahnungs­lo­sigkeit des Grenzpostens in Tatsituation aus

Der Bundes­ge­richtshof hat eine durch das Landgericht Berlin verhängte Verurteilung eines Fluchthelfers wegen Erschießung eines Grenzpostens an der Berliner Mauer für rechtmäßig erklärt. Nach Ausführungen des Gerichts war die Tötung weder durch Notwehr noch durch Notstand zu rechtfertigen, da der Fluchthelfer bewusst die Ahnungs­lo­sigkeit des Grenzpostens in der Tatsituation ausnutzte und somit heimtückisch handelte.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Bundes­ge­richtshof in einem Revisi­ons­ver­fahren über die Verurteilung eines Mannes zu entscheiden, der im Jahre 1962 in Berlin (Ost) einen Grenzposten an der Berliner Mauer erschossen hat. Der Angeklagte, der selbst bereits vor dem Mauerbau nach Berlin (West) geflüchtet war, wollte auch seiner Frau und seinen Kindern die Flucht ermöglichen; er hatte einen Tunnel unter der Mauer gegraben, der in den Keller eines unmittelbar im Grenzbereich in Berlin (Ost) gelegenen Hauses führte. Als er mit seinen fluchtwilligen Familien­an­ge­hörigen dieses Haus betreten wollte, trat ihm der Grenzposten, der eine Perso­nen­kon­trolle vornehmen wollte, entgegen. Um ein Scheitern der Flucht zu verhindern, erschoss der Angeklagte den Grenzposten mit einer mitgeführten Pistole.

Tötung weder durch Notwehr noch durch Notstand gerechtfertigt

Der Bundes­ge­richtshof hat die Annahme des Landgerichts Berlin gebilligt, dass die Tötung weder durch Notwehr gerechtfertigt noch durch Notstand entschuldigt war. Der Grenzposten hatte seinerseits nicht etwa zum Schuss­waf­fen­ge­brauch angesetzt. Daher hat der Bundes­ge­richtshof auf die Revisionen des Angeklagten und des Nebenklägers, eines Bruders des Getöteten, die Verurteilung bestätigt, wobei sogar die rechtlichen Voraussetzungen eines Mordes vorlagen, da der Angeklagte bewusst die Ahnungs­lo­sigkeit des Grenzposten in der Tatsituation ausnutzte und somit heimtückisch handelte. Die Frage einer etwaigen Verjährung der Tat stellte sich nicht; Mord verjährt nach dem maßgeblichen Recht der Bundesrepublik Deutschland nicht.

Vom Landgericht lediglich wegen Totschlags verhängte Strafe bleibt bestehen

Allerdings konnte mit Rücksicht auf den beträchtlichen Zeitablauf und angesichts dessen, dass sich der Angeklagte in der tragischen Tatsituation in einer notstand­s­ähn­lichen Situation befand und ihm darüber hinaus ein - allerdings vermeidbarer - Verbotsirrtum zugute zu halten war, die vom Landgericht lediglich wegen Totschlags verhängte Strafe von einem Jahr Freiheitsstrafe mit Bewährung gleichwohl bestehen bleiben. Das Verfahren ist damit rechtskräftig abgeschlossen.

Erläuterungen

Die Entscheidung ist aus dem Jahre 2000 und erscheint im Rahmen der Reihe "Wissenswerte Urteile".

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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