03.12.2024
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Bundesfinanzhof Urteil19.10.2022

Wirksame förmliche Zustellung setzt auch während der Covid-19-Pandemie den Versuch einer Übergabe des Schriftstücks vorausZustellung ohne vorherigen Versuch der persönlichen Übergabe unwirksam - Revisionsfrist gewahrt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19.10.2022 – X R 14/21 entschieden, dass eine Ersatz­zu­stellung durch Einlegen in den Briefkasten unwirksam ist, wenn der Zusteller nicht zu-vor versucht, die Postsendung mit dem Schriftstück persönlich zu übergeben. Dies gilt auch während der Covid-19-Pandemie.

In dem nun vom BFH entschiedenen Fall hatte der Postzusteller die Sendung mit einem Gerichtsurteil an einem Samstag in den Briefkasten der von den Klägern bevoll­mäch­tigten Steuer­be­ra­tungs­kanzlei eingelegt. Wäre dieser Samstag das Zustel­lungsdatum gewesen, wäre die von den Klägern eingelegte Revision zu spät erhoben worden. Die Kläger machten allerdings geltend, die Zustellung sei unwirksam, weil der Zusteller während der Covid-19-Pandemie niemals versucht habe, in den Kanzleiräumen zu klingeln und das Schriftstück dort zu übergeben.

BFH verneint Wirksamkeit der Zustellung

Für förmliche Zustellungen –etwa von Gericht­s­ent­schei­dungen oder besonders wichtigen Verwal­tungsakten– hat der Gesetzgeber ein klares Regelwerk aufgestellt (§§ 166 ff. der Zivil­pro­zess­ordnung –ZPO–). Wenn diese Regeln bei der Zustellung nicht beachtet werden, ist die Zustellung unwirksam. Eine „Heilung“ des Mangels tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem der Empfänger das Schriftstück tatsächlich in die Hand bekommt. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass es im Bereich der Deutschen Post AG zwar keine generellen Anweisungen gab, während der Covid-19-Pandemie auf ein Klingeln beim Empfänger und den Versuch einer persönlichen Übergabe zu verzichten, der Amtsleiter des Zustellers aber eine solche Anweisung erteilt hatte.

Keine pande­mie­be­dingte Sonderregeln

Auf dieser Grundlage hat der BFH die Zustellung als unwirksam angesehen. Im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten, in denen der Gesetzgeber pande­mie­be­dingte Erleichterungen in Bezug auf bestimmte Förmlichkeiten vorgesehen hat, sind zu den Zustel­lungs­vor­schriften der ZPO keine gesetzlichen Sonderregeln geschaffen worden. Auch das für den Streitfall maßgebende Landesrecht ordnete nicht an, dass bei Zustellungen ein Kontaktverbot bestehe. Dies hat der BFH für die in Bayern im Juni 2021 geltenden Infek­ti­o­ns­schutz­regeln, die vergleichbar mit denen anderer Bundesländer gewesen sein dürften, entschieden. Daher konnte offen bleiben, ob der Landes­ge­setzgeber überhaupt die bundes­recht­lichen Zustel­lungs­re­ge­lungen modifizieren konnte. Der damit gegebene Zustel­lungs­mangel wurde erst am darauffolgenden Montag geheilt, als eine Mitarbeiterin des Steuerberaters den Kanzlei­brief­kasten geleert hat. Daher hatten die Kläger die Revisionsfrist gewahrt.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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