23.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil25.07.2012

Aufrechnung im Insol­venz­ver­fahren: Berich­ti­gung­s­tat­bestand muss vor Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens eingetreten seinBFH gibt bisherige Rechtsprechung auf

Eine Aufrechnung in einem Insol­venz­ver­fahren ist nur dann zulässig, wenn der Berich­ti­gung­s­tat­bestand schon vor Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens eingetreten ist, wie es bei der Berichtigung von Vorsteu­er­be­trägen zu Lasten des Insol­venz­schuldners häufig der Fall sein wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs hervor.

Gerät ein Steuer­pflichtiger in Insolvenz, besteht für das Finanzamt oftmals nur dann eine aussichtsreiche Möglichkeit, offene Umsatz­steu­er­for­de­rungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens zu realisieren, wenn es seine Forderungen gegen Zahlungs­ansprüche des betreffenden Unternehmens (etwa aus Vorsteu­er­über­hängen in anderen Veran­la­gungs­zeit­räumen) aufrechnen kann. Die Insol­ven­z­ordnung lässt eine solche Aufrechnung im Insolvenzverfahren (und damit eine abgesonderte Befriedigung eines Insol­venz­gläu­bigers) zwar grundsätzlich zu; sie verbietet sie jedoch, soweit der Insol­venz­gläubiger dem Schuldner erst nach Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 der Insol­ven­z­ordnung - InsO -). Das war nach der bisherigen, langjährigen Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs dann nicht der Fall - eine Aufrechnung also zulässig -, wenn der Anspruch des Steuer­pflichtigen zwar steuerrechtlich erst während des Insol­venz­ver­fahrens entstanden war, jedoch auf dem Ausgleich einer vor Verfah­ren­s­er­öffnung erfolgten Steuer­fest­setzung beruhte, insbesondere etwa einer Umsatz­steu­er­be­rich­tigung wegen Unein­bring­lich­werden des Entgelts.

Aufrechnung nur bei Eintreten des Berich­ti­gung­s­tat­be­stands vor Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens zulässig

Der Bundesfinanzhof hat nun diese bisher durch die dem Steuerrecht eigentümliche besondere Verknüpfung von Umsatz­steu­er­fest­setzung und Umsatz­steu­er­be­rich­tigung (§ 17 Abs. 2 des Umsatz­steu­er­ge­setzes - UStG -) gerechtfertigte Rechtsprechung aufgegeben: Eine Aufrechnung sei nur dann zulässig, wenn der Berich­ti­gung­s­tat­bestand schon vor Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens eingetreten ist, wie es bei der Berichtigung von Vorsteu­er­be­trägen zu Lasten des Insol­venz­schuldners häufig der Fall sein wird.

Finanzamt darf Insol­venz­for­de­rungen hier nicht verrechnen

Im zugrunde liegenden Streitfall wurde jedoch eine Berichtigung der Umsatzsteuer zu Gunsten des insolventen Unternehmers deshalb erforderlich, weil dessen Geschäfts­partner (nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens des Unternehmers) ebenfalls in Insolvenz geraten, das von diesem geschuldete Leistungs­entgelt also uneinbringlich geworden war. Gegen den dadurch ausgelösten Umsatz­steu­e­r­er­stat­tungs­an­spruch des Unternehmers darf das Finanzamt Insol­venz­for­de­rungen nicht verrechnen.

Im selben Zeitraum entstandene Forderung und Gegenforderung sind gegeneinander zu verrechnen

In einem weiteren Urteil vom gleichen Tag (VII R 44/10) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit einer während des Insol­venz­ver­fahrens erklärten Aufrechnung dann nicht bedürfe, wenn Forderung und Gegenforderung im selben Besteu­e­rungs­zeitraum entstanden und deshalb nach der Rechtsprechung des V. Senats des Bundes­fi­nanzhofs (Urteil vom 24. November 2011 V R 13/11) gegeneinander zu verrechnen seien (so genannte Saldierung gemäß § 16 UStG). Hier seien die Aufrech­nungs­verbote des § 96 InsO nicht zu beachten. Da diese Saldierung in einem Steuer­fest­set­zungs­be­scheid nicht mehr vorgenommen werden könne, wenn vor Ablauf des betreffenden Steuerjahres das Insol­venz­ver­fahren eröffnet worden ist, greife jene Verrechnung gleichsam automatisch; ein Streit über die Zulässigkeit einer zuvor vom Finanzamt erklärten Aufrechnung sei damit erledigt.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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