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Bundesgerichtshof Urteil10.07.2006
Aufrechnung gegen Verlustausgleichsanspruch nicht generell unzulässigAufzurechnender Anspruch muss allerdings vollwertig sein
Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Aufrechnung gegen einen Verlustausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG zulässig ist.
Die Beklagte ist Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Im Jahr 1996 schloss die Beklagte mit der Gemeinschuldnerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Hierin verpflichtete sie sich unter anderem, jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag der Gemeinschuldnerin nach Maßgabe des § 302 AktG auszugleichen. Den Unternehmensvertrag kündigte die Beklagte aus wichtigem Grund rückwirkend zum 1.1.1998. Später wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin bestellt. In dieser Eigenschaft nimmt er die Beklagte auf Zahlung des Verlustausgleiches für das Jahr 1997 in Anspruch. Hiergegen wehrt sich die Beklagte vornehmlich mit dem Einwand, sie habe gegen die geltend gemachte Forderung wirksam mit eigenen Gegenforderungen aufgerechnet.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, die Aufrechnung gegen den Verlustausgleichsanspruch der Gemeinschuldnerin sei unzulässig, da der Anspruch aus § 302 Abs. 1 AktG der Kapitalerhaltung diene und in entsprechender Anwendung von § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG einem generellen Aufrechnungsverbot unterliege.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hält der Senat die Aufrechnung gegen einen Verlustausgleichsanspruch nicht generell für unzulässig. Voraussetzung ist allerdings, dass der Anspruch, mit dem aufgerechnet wird, vollwertig ist. Der Senat hat daher das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückgewiesen, damit dieses der Frage der Vollwertigkeit sowie eines eigenkapitalersetzenden Charakters der zur Aufrechnung gestellten Forderungen nachgehen kann.
Vorinstanzen:
Landgericht Gera – Urteil vom 2. Dezember 2003 - 1 HK O 14/03
Thüringer Oberlandesgericht – Urteil vom 21. September 2004 - 8 U 1187/03
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.07.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 101/2006 des BGH vom 10.07.2006
der Leitsatz
AktG § 302; BGB §§ 364, 387; GmbHG §§ 30, 31, 32 a
a) Im Vertragskonzern ist eine Aufrechnung des herrschenden Unternehmens gegen einen bereits entstandenen Anspruch der abhängigen Gesellschaft auf Verlustausgleich gemäß § 302 AktG zulässig und wirksam, sofern die zur Aufrechnung gestellte Forderung werthaltig ist. Die Beweislast für die Wert-haltigkeit hat das herrschende Unternehmen.
b) Zulässig und wirksam ist auch eine Vereinbarung, nach der das herrschende Unternehmen der abhängigen Gesellschaft Geld- oder Sachmittel unter Anrechnung auf einen bestehenden Anspruch auf Verlustausgleich gemäß § 302 AktG oder zur Vorfinanzierung des Verlustausgleichs für das laufende Geschäftsjahr zur Verfügung stellt.
c) Die Grundsätze des Eigenkapitalersatzes (§§ 32 a, b GmbHG; §§ 30, 31 GmbHG analog) gelten auch im GmbH-Vertragskonzern. Gesellschafterleis-tungen, die unter den oben (Buchst. b) genannten Voraussetzungen erbracht werden, sind aber nicht als eigenkapitalersetzende Darlehen oder vergleich-bare Leistungen zu qualifizieren.
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