24.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil10.07.2006

Aufrechnung gegen Verlu­s­t­aus­gleichs­an­spruch nicht generell unzulässigAufzurechnender Anspruch muss allerdings vollwertig sein

Der für das Gesell­schaftsrecht zuständige II. Zivilsenat hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Aufrechnung gegen einen Verlu­s­t­aus­gleichs­an­spruch nach § 302 Abs. 1 AktG zulässig ist.

Die Beklagte ist Allein­ge­sell­schafterin der Gemein­schuldnerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Im Jahr 1996 schloss die Beklagte mit der Gemein­schuldnerin einen Beherrschungs- und Gewin­n­ab­füh­rungs­vertrag. Hierin verpflichtete sie sich unter anderem, jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahres­fehl­betrag der Gemein­schuldnerin nach Maßgabe des § 302 AktG auszugleichen. Den Unter­neh­mens­vertrag kündigte die Beklagte aus wichtigem Grund rückwirkend zum 1.1.1998. Später wurde der Kläger zum Insol­venz­ver­walter über das Vermögen der Gemein­schuldnerin bestellt. In dieser Eigenschaft nimmt er die Beklagte auf Zahlung des Verlu­s­t­aus­gleiches für das Jahr 1997 in Anspruch. Hiergegen wehrt sich die Beklagte vornehmlich mit dem Einwand, sie habe gegen die geltend gemachte Forderung wirksam mit eigenen Gegen­for­de­rungen aufgerechnet.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Oberlan­des­gericht ausgeführt, die Aufrechnung gegen den Verlu­s­t­aus­gleichs­an­spruch der Gemein­schuldnerin sei unzulässig, da der Anspruch aus § 302 Abs. 1 AktG der Kapita­l­e­r­haltung diene und in entsprechender Anwendung von § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG einem generellen Aufrech­nungs­verbot unterliege.

Entgegen der Ansicht des Berufungs­ge­richts hält der Senat die Aufrechnung gegen einen Verlu­s­t­aus­gleichs­an­spruch nicht generell für unzulässig. Voraussetzung ist allerdings, dass der Anspruch, mit dem aufgerechnet wird, vollwertig ist. Der Senat hat daher das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungs­gericht zurückgewiesen, damit dieses der Frage der Vollwertigkeit sowie eines eigen­ka­pi­ta­ler­set­zenden Charakters der zur Aufrechnung gestellten Forderungen nachgehen kann.

Vorinstanzen:

Landgericht Gera – Urteil vom 2. Dezember 2003 - 1 HK O 14/03

Thüringer Oberlan­des­gericht – Urteil vom 21. September 2004 - 8 U 1187/03

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 101/2006 des BGH vom 10.07.2006

der Leitsatz

AktG § 302; BGB §§ 364, 387; GmbHG §§ 30, 31, 32 a

a) Im Vertragskonzern ist eine Aufrechnung des herrschenden Unternehmens gegen einen bereits entstandenen Anspruch der abhängigen Gesellschaft auf Verlu­s­t­aus­gleich gemäß § 302 AktG zulässig und wirksam, sofern die zur Aufrechnung gestellte Forderung werthaltig ist. Die Beweislast für die Wert-haltigkeit hat das herrschende Unternehmen.

b) Zulässig und wirksam ist auch eine Vereinbarung, nach der das herrschende Unternehmen der abhängigen Gesellschaft Geld- oder Sachmittel unter Anrechnung auf einen bestehenden Anspruch auf Verlu­s­t­aus­gleich gemäß § 302 AktG oder zur Vorfinanzierung des Verlu­s­t­aus­gleichs für das laufende Geschäftsjahr zur Verfügung stellt.

c) Die Grundsätze des Eigen­ka­pi­ta­ler­satzes (§§ 32 a, b GmbHG; §§ 30, 31 GmbHG analog) gelten auch im GmbH-Vertragskonzern. Gesell­schaf­terleis-tungen, die unter den oben (Buchst. b) genannten Voraussetzungen erbracht werden, sind aber nicht als eigen­ka­pi­ta­ler­setzende Darlehen oder vergleich-bare Leistungen zu qualifizieren.

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