21.11.2024
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Dokument-Nr. 23120

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Urteil18.06.2015BundesfinanzhofVI R 17/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DB 2015, 1936Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2015, Seite: 1936
  • NJW 2015, 3054Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 3054
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Vorinstanz:
  • Finanzgericht Düsseldorf, Urteil11.02.2014, 13 K 3724/12 E
ergänzende Informationen

Bundesfinanzhof Urteil18.06.2015

Bundesfinanzhof fordert für steuerliche Geltendmachung von Anwaltskosten als außer­ge­wöhnliche Belastung Vorliegen einer Existenz­ge­fährdung ohne ZivilprozessErfolgsaussicht eines Prozesses für steuerliche Geltendmachung unerheblich

Ein Steuer­pflichtiger kann im Rahmen seiner Ein­kommens­steuer­erklärung nur dann die Anwaltskosten wegen eines Klageverfahrens gemäß § 33 des Ein­kommens­steuer­gesetzes (EStG) als außer­ge­wöhnliche Belastung geltend machen, wenn ohne den Zivilprozess der Verlust der Existenz­grundlage oder die Nichtbefriedung der lebens­not­wendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen zu befürchten war. Unerheblich ist, ob der beabsichtigte Prozess hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden und damit seine frühere Rechtsprechung geändert (siehe: BFH, Urt. v. 12.05.2011 - VI R 42/10 -).

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Steuer­pflichtige wollte erreichen, dass das Finanzamt in ihrer Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2010 Anwaltskosten in Höhe von ca. 3.460 EUR aus einem Gerichts­ver­fahren als außer­ge­wöhnliche Belastung anerkennt. In dem Gerichts­ver­fahren ging es darum, ob die Steuer­pflichtige Alleinerbin ihrer verstorbenen Mutter war. Da das Finanzamt die Anwaltskosten nicht berücksichtigte, erhob die Steuer­pflichtige Klage. Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Revision der Steuer­pflichtigen.

Berück­sich­tigung als außer­ge­wöhnliche Belastung erfordert Zwangs­läu­figkeit der Kosten

Der Bundesfinanzhof führte zum Fall aus, dass gemäß § 33 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes auf Antrag die Einkommenssteuer ermäßigt werden könne, wenn dem Steuer­pflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen erwachsen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuer­pflichtigen gleicher Einkom­mens­ver­hältnisse, gleicher Vermö­gens­ver­hältnisse und gleichen Famili­en­ver­hält­nissen (außer­ge­wöhnliche Belastung). Der Bundesfinanzhof nahm in seiner Entscheidung vom 12.05.2011 (Az. VI R 42/10) die Zwangs­läu­figkeit von Zivil­pro­zess­kosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechts­ver­folgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Begründet hat er dies damit, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchgesetzt oder abgewehrt werden können. Da die Parteien daher auf gerichtliche Hilfe angewiesen seien, entstünden Zivil­pro­zess­kosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig.

Änderung der Rechtsprechung zur Zwangs­läu­figkeit von Zivil­pro­zess­kosten

Der Bundesfinanzhof hat diese Rechtsprechung nunmehr aufgegeben. Zwar könne sich ein Steuer­pflichtiger nach einem verlorenen Prozess der Zahlungs­ver­pflichtung aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Dies alleine genüge aber nicht zur Annahme einer Zwangs­läu­figkeit. Vielmehr sei auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den jeweiligen Kosten geführt haben. Die Kosten eines Zivilprozesses seien daher grundsätzlich nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das den Prozess verursachende Ereignis für den Steuer­pflichtigen zwangsläufig gewesen sei. Daran fehle es im Allgemeinen bei einem Zivilprozess. Denn der Steuer­pflichtige sei nicht zur Führung eines Zivilprozesses verpflichtet. Das staatliche Gewaltmonopol ändere daran nichts. Eine Ausnahme bestehe aber dann, wenn der Steuer­pflichtige ohne Durchführung des Prozesses, Gefahr liefe, seine Existenz­grundlage zu verlieren oder seine lebens­not­wendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. In diesem Fall gerate der Steuer­pflichtige in eine Zwangslage, in der für ihn die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen trotz unsicherer Erfolgsaussicht existentiell erforderlich sei.

Keine außer­ge­wöhnliche Belastung aufgrund Anwaltskosten

Da die Steuer­pflichtige im konkreten Fall nicht darlegen konnte, dass ihre Existenz­grundlage gefährdet sei, hätte sie das Erbe nicht angetreten, entschied der Bundesfinanzhof gegen die Steuer­pflichtige. Die Anwaltskosten seien nicht als außer­ge­wöhnliche Belastung zu berücksichtigen gewesen.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (vt/rb)

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