18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.
ergänzende Informationen

Bundesfinanzhof Beschluss23.08.2007

Kürzung der "Pendler­pau­schale" verfas­sungs­widrig? - Auch Bundesfinanzhof hat erhebliche Zweifel an Verfas­sungs­mä­ßigkeit der KürzungSummarische Prüfung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ernstliche Zweifel an der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Kürzung der Pendler­pau­schale, die am 1.1.2007 in Kraft getreten ist. Dies ergebe sich jedenfalls bei einer summarischen Prüfung.

Nach der ab 2007 geltenden Fassung des § 9 Abs. 2 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) sind Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich keine Werbungskosten mehr und werden erst ab dem 21. Entfer­nungs­ki­lometer "wie Werbungskosten" behandelt. Die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Neuregelung ist in der Fachliteratur umstritten und hat zu einander wider­spre­chenden Entscheidungen der Finanzgerichte geführt.

Zwei Gerichte (Nieder­säch­sisches Finanzgericht, Beschluss v. 27.02.2007 - 8 K 549/06 - und Finanzgericht Köln, Beschluss v. 29.03.2007 - 10 K 274/07 -) haben die Frage, ob § 9 Abs. 2 EStG 2007 verfas­sungsgemäß ist, dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht vorgelegt. In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat das Nieder­säch­sische Finanzgericht die Eintragung eines Lohnsteuer-Freibetrags, der die anfallenden Fahrtkosten ohne die Kürzung um 20 Kilometer erfasst, auf der Lohnsteuerkarte angeordnet (Nieder­säch­sisches Finanzgericht, Beschluss v. 02.03.2007 - 7 V 21/07 -).

Die dagegen vom Finanzamt eingelegte Beschwerde hat der Bundesfinanzhof zurückgewiesen. Er bestätigte die Würdigung des Finanzgerichts, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts (Ablehnung der Eintragung eines Lohnsteuer-Freibetrags) bestehen, weil bei summarischer Prüfung die Verfas­sungs­mä­ßigkeit des zugrunde liegenden § 9 Abs. 2 EStG 2007 ernstlich zweifelhaft sei. Diese Zweifel ergäben sich bereits daraus, dass im Schrifttum beachtliche Bedenken geäußert worden seien, wider­sprüchliche Finanzgericht-Entscheidungen vorlägen und die Streitfrage höchst­rich­terlich noch nicht entschieden sei. Der Bundesfinanzhof folgte nicht der Auffassung der Finanz­ver­waltung, dass wegen der erheblichen finanziellen Auswirkungen der Geset­ze­s­än­derung das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushalts­führung höher zu bewerten sei als das individuelle Interesse der Antragsteller an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 79/07 des BFH vom 06.09.2007

der Leitsatz

EStG 2007 § 9 Abs. 2

FGO § 122 Abs. 2

1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das ab 2007 geltende Abzugsverbot des § 9 Abs. 2 EStG betreffend Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verfas­sungsgemäß ist.

2. Ein Beitritt des Bundes­mi­nis­teriums der Finanzen zu einem vor dem Bundesfinanzhof anhängigen Beschwer­de­ver­fahren ist jedenfalls dann unzulässig, wenn es sich um eine Sache wegen Aussetzung der Vollziehung handelt.

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss4806

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI