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- Finanzgericht verpflichtet Finanzamt zur Eintragung des (abgeschafften) Pendlerpauschale-Freibetrages auf der LohnsteuerkarteNiedersächsisches Finanzgericht, Beschluss02.03.2007, 7 V 21/07
- Niedersächsisches Finanzgericht ruft Bundesverfassungsgericht wegen Pendlerpauschale anNiedersächsisches Finanzgericht, Beschluss27.02.2007, 8 K 549/06
Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil07.03.2007
Finanzgericht Baden-Württemberg hält Kürzung der Pendlerpauschale nicht für verfassungswidrig
Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, dass die durch das Steueränderungsgesetz 2007 neugeregelte gekürzte Entfernungspauschale mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Es ist somit anderer Auffassung als das niedersächsische Finanzgericht, dass die Pendlerpauschale für verfassungswidrig hält und das Bundesverfassungsgericht angerufen hat.
Der Kläger machte in seinem Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2007 eine Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt entsprach dem Antrag unter Hinweis auf das Steueränderungsgesetzes 2007 nur teilweise. Der auf der Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragene Freibetrag berücksichtigte bei der Berechnung der Entfernungspauschale lediglich 50 km statt der geltend gemachten 70 km. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage. Er machte auch für die nicht berücksichtigten 20 km den Ansatz der Entfernungspauschale geltend. Die gesetzliche Regelung in § 9 Abs. 2 EStG sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen das sogenannte Nettoprinzip. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehörten zu den notwendigen Erwerbsaufwendungen. Sie seien deshalb bereits ab dem ersten Kilometer beruflich veranlasst.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der auf der Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragene Freibetrag entspreche dem Gesetz (anderer Meinung: Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss v. 02.03.2007 - 7 V 21/07 -). Durch das Steueränderungsgesetz sei hinsichtlich der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Systemänderung vorgenommen worden. Sie stellten nunmehr keine Werbungskosten mehr dar. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung gehe davon aus, dass die Berufssphäre bzw. Arbeitssphäre erst „am Werkstor“ beginne. Die nunmehrige Zuordnung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu der Privatsphäre sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Denn bei diesen Aufwendungen handle es sich nicht um originäre Werbungskosten. Sie seien bisher lediglich durch das Einkommensteuergesetz den Werbungskosten gleichgestellt worden. Von diesem Verständnis sei auch die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung ausgegangen.
Das Bundesverfassungsgericht habe zwar in einer Entscheidung aus dem Jahre 2002 ausgeführt, es sei „traditioneller Teil“ der Grundentscheidung des deutschen Einkommensteuerrechts, die steuerrechtlich erhebliche Berufssphäre nicht erst „am Werkstor“ beginnen zu lassen. Diese „Tradition“ beinhalte jedoch keine „Ewigkeitsgarantie“. Der Gesetzgeber habe die Befugnis, eine einfachgesetzliche „Tradition“ zu ändern. Daher sei er zutreffend davon ausgegangen, dass es sich wegen der Verbindung der Fahrtkosten nicht nur zu Arbeit, sondern auch zur Wohnung um gemischte Aufwendungen handle, also um Aufwendungen, die auch die private Lebensführung betreffen. Bei gemischten Aufwendungen sei es dem Gesetzgeber möglich, über den Umfang der Abziehbarkeit und Nichtabziehbarkeit zu entscheiden. Mit der Neuregelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG 2007 habe der Gesetzgeber folgerichtig alle Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als privat veranlasst qualifiziert. Die Neuregelung wahre auch das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sowie das objektive Nettoprinzip. Denn Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen mindern gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage. Dem Gesetzgeber stehe bei der Regelung einer Steuervergünstigung (Subvention) - als solche wurde die bisherige Regelung zur Entfernungspauschale beurteilt - ein weite Beurteilungs- und Gestaltungsfreiheit zu. Die Grundentscheidung, die Arbeitssphäre „am Werkstor“ beginnen zu lassen und damit Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht mehr als Werbungskosten anzusehen, halte sich im Rahmen des verfassungsrechtlich anerkannten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers.
Die gekürzte Entfernungspauschale subventioniere sog. Fernpendler als eine „Härteregelung“. Dies sei erst recht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.03.2007
Quelle: ra-online, Finanzgericht Baden-Württemberg
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