18.10.2024
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Dokument-Nr. 14230

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Urteil05.07.2012BundesfinanzhofIII R 80/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2013, 336Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 336
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Bundesfinanzhof Urteil05.07.2012

Kein Steuerabzug von Kinder­betreuungs­kosten bei Schwangerschaft der MutterBFH: Schwangerschaft stellt keine Krankheit im Sinne des Gesetzes dar

Die Kosten einer Tagesmutter können nicht steuerlich geltend gemacht werden, wenn ein Elternteil erwerbstätig und der andere Elternteil schwanger ist. Denn eine Schwangerschaft als solche stellt keine Krankheit im Sinne des Gesetzes dar. Dies entschied der Bundesfinanzhof.

In dem zugrunde liegenden Fall ist der Kläger als selbständiger Rechtsanwalt berufstätig. Die Klägerin befand sich zunächst in der Berufs­aus­bildung, die sie allerdings nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahre 2004 unterbrach und die sie auch im Laufe des Streitjahres 2006 nicht wieder aufnahm. Im August dieses Jahres wurden die Kläger erneut Eltern. Das ältere Kind wurde u.a. in der Zeit der Schwangerschaft von einer Tagesmutter betreut. Die Kosten hierfür machten die Kläger in ihrer Einkom­men­steu­e­r­er­klärung geltend.

Betreu­ungs­kosten in Allein­ver­die­nerehen nicht abziehbar

Im Streitjahr 2006 konnten derartige Kinder­be­treu­ungs­kosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 Einkom­men­steu­er­gesetz (EStG) nur bei Vorliegen besonderer persönlicher Abzugsvoraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Lebten beide Elternteile zusammen, dann musste, wenn einer der Elternteile, wie der Kläger, erwerbstätig war, der andere Teil entweder ebenfalls erwerbstätig sein oder sich in Ausbildung befinden. Auch bei einer mindestens drei Monate andauernden Erkrankung oder einer Behinderung dieses Elternteils war der Abzug der Betreu­ungs­kosten zulässig. Lagen solche Gründe nicht vor, etwa weil sich ein Elternteil allein der Erziehung der Kinder widmete (sog. Allein­ver­die­nerehe), dann waren Betreu­ungs­kosten - von einer Ausnah­me­re­gelung in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abgesehen - nicht abziehbar.

Klägerin war zur persönlichen Betreuung des Kindes fähig

Der BFH sah die persönlichen Abzugs­vor­aus­set­zungen in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Finanzgerichts nicht als erfüllt an. Seines Erachtens befand sich die Klägerin weder in Ausbildung, da sie diese bereits nach der Geburt des ersten Kindes unterbrochen hatte, noch war sie längerfristig erkrankt. Die Schwangerschaft konnte nicht als Krankheit gewertet werden, weil es sich hierbei nicht um einen regelwidrigen körperlichen Zustand handelt. Krank ist eine Frau nicht, wenn sie schwanger wird, sondern nur dann, wenn sie nicht schwanger werden kann (Empfäng­ni­s­un­fä­higkeit). Treten während der Schwangerschaft gesundheitliche Komplikationen auf, dann ist der Krank­heits­begriff jedoch regelmäßig erfüllt. Davon konnte im Streitfall nach den Feststellungen des FG indes nicht ausgegangen werden. Da die Klägerin somit weder aus gesund­heit­lichen noch aus sonstigen (Erwer­b­s­tä­tigkeit u.ä.) Gründen an der persönlichen Betreuung ihres ältesten Kindes gehindert war, konnten die Kosten der Tagesmutter nach der gesetzlichen Konzeption nicht abgezogen werden.

BFH: Persönliche Abzugs­vor­aus­set­zungen sowie Abzugsgrenzen des Gesetzgebers möglich

Die von den Klägern geäußerten Bedenken an der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der einschränkenden Abzugs­vor­aus­set­zungen teilte der BFH nicht. Er erachtete sowohl die persönlichen Abzugs­vor­aus­set­zungen als auch die Abzugs­höchst­grenzen als zulässige Typisierungen des Gesetzgebers. Auch in der Regelung des § 3 Nr. 33 EStG, wonach finanzielle Leistungen des Arbeitgebers zur Betreuung von Kindern seiner Arbeitnehmer steuerfrei sind, vermochte er keine ungerecht­fertigte Privilegierung von Arbeitnehmern gegenüber Selbständigen zu erblicken.

Aktuelle Rechtslage seit 2012: Abzug von Kinder­be­treu­ungs­kosten ohne persönliche Abzugs­vor­aus­set­zungen zulässig

In seinem Urteil ging der BFH schließlich kurz auf die aktuelle Rechtslage ein. Seit 2012 können Kinder­be­treu­ungs­kosten abgezogen werden, ohne dass persönliche Abzugs­vor­aus­set­zungen bei den Eltern vorliegen müssen.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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