18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.
ergänzende Informationen

Bundesfinanzhof Beschluss26.02.2014

Ist die Mindest­be­steuerung verfas­sungs­widrig?BFH sieht durch Definitiveffekt der Mindest­be­steuerung gleich­heits­widrigen Eingriff in den Kernbereich des ertrags­steuer­rechtlichen Nettoprinzips

Im Rahmen eines Normen­kontroll­ersuchens zur Verfas­sungs­prüfung der so genannten Mindest­be­steuerung wurde das Bundes­verfassungs­gericht nunmehr vom Bundesfinanzhof angerufen.

In seinem Urteil vom 22. August 2012 I R 9/11 hat der I. Senat des Bundes­fi­nanzhofs (BFH) entschieden, dass die so genannte Mindestbesteuerung gemäß § 10 d Abs. 2 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes "in ihrer Grundkonzeption" nicht verfassungswidrig ist. Das Gericht ist nun aber davon überzeugt, dass das nur für den „Normalfall“ gilt, nicht jedoch dann, wenn der vom Gesetzgeber beabsichtigte, lediglich zeitliche Aufschub der Verlust­ver­rechnung in einen endgültigen Ausschluss der Verlust­ver­rechnung hineinwächst und damit ein sog. Definitiveffekt eintritt.

Überpe­ri­odischer Verlustabzug seit 2004 auf 40 % begrenzt

Die Einkommen- und Körperschaftsteuer soll die wirtschaftliche Leistungs­fä­higkeit eines Steuersubjekts abschöpfen. Ihre Bemes­sungs­grundlage ist deshalb das „Nettoeinkommen“ nach Abzug der Erwer­b­s­auf­wen­dungen. Fallen die Aufwendungen nicht in demjenigen Kalenderjahr an, in dem die Einnahmen erzielt werden, oder übersteigen sie die Einnahmen, so dass ein Verlust erwirtschaftet wird, ermöglicht es das Gesetz, den Verlu­s­t­aus­gleich auch über die zeitlichen Grenzen eines Bemes­sungs­zeitraums hinweg vorzunehmen (so genannter überpe­ri­odischer Verlustabzug). Seit 2004 ist dieser Verlustabzug begrenzt: 40 % der positiven Einkünfte oberhalb eines Schwel­len­betrags von 1 Mio. Euro werden auch dann der Ertrags­be­steuerung unterworfen, wenn bisher noch nicht ausgeglichene Verluste vorliegen (so genannte Mindest­be­steuerung). Damit wird die Wirkung des Verlustabzugs in die Zukunft verschoben.

Verrechnung des Verlusts mit Gewinn an Mindest­be­steuerung gescheitert

Im hier vorliegenden Streitfall musste eine Kapital­ge­sell­schaft eine ihr zustehende Geldforderung zu einem Bilanzstichtag in voller Höhe auf Null abschreiben, wodurch ein Verlust entstand. Zwei Jahre später kam es zu einer gegenläufigen Wertaufstockung, was einen entsprechenden Gewinn zur Folge hatte. Eine vollständige Verrechnung des Verlusts mit dem Gewinn im Wege des Verlustabzugs scheiterte im Gewinnjahr an der Mindest­be­steuerung. Zwischen­zeitlich war die Kapital­ge­sell­schaft insolvent geworden, so dass sich der nicht ausgeglichene Verlust steuerlich auch in der Folgezeit nicht mehr auswirken konnte. In dem dadurch bewirkten Definitiveffekt der Mindest­be­steuerung sieht der Bundesfinanzhof einen gleich­heits­widrigen Eingriff in den Kernbereich des ertrags­steu­er­recht­lichen Nettoprinzips. Darüber, ob das zutrifft, wird nun das Bundes­ver­fas­sungs­gericht zu entscheiden haben.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss18779

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI