Dokument-Nr. 18779
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Bundesfinanzhof Beschluss26.02.2014
Ist die Mindestbesteuerung verfassungswidrig?BFH sieht durch Definitiveffekt der Mindestbesteuerung gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragssteuerrechtlichen Nettoprinzips
Im Rahmen eines Normenkontrollersuchens zur Verfassungsprüfung der so genannten Mindestbesteuerung wurde das Bundesverfassungsgericht nunmehr vom Bundesfinanzhof angerufen.
In seinem Urteil vom 22. August 2012 I R 9/11 hat der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass die so genannte Mindestbesteuerung gemäß § 10 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes "in ihrer Grundkonzeption" nicht verfassungswidrig ist. Das Gericht ist nun aber davon überzeugt, dass das nur für den „Normalfall“ gilt, nicht jedoch dann, wenn der vom Gesetzgeber beabsichtigte, lediglich zeitliche Aufschub der Verlustverrechnung in einen endgültigen Ausschluss der Verlustverrechnung hineinwächst und damit ein sog. Definitiveffekt eintritt.
Überperiodischer Verlustabzug seit 2004 auf 40 % begrenzt
Die Einkommen- und Körperschaftsteuer soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuersubjekts abschöpfen. Ihre Bemessungsgrundlage ist deshalb das „Nettoeinkommen“ nach Abzug der Erwerbsaufwendungen. Fallen die Aufwendungen nicht in demjenigen Kalenderjahr an, in dem die Einnahmen erzielt werden, oder übersteigen sie die Einnahmen, so dass ein Verlust erwirtschaftet wird, ermöglicht es das Gesetz, den Verlustausgleich auch über die zeitlichen Grenzen eines Bemessungszeitraums hinweg vorzunehmen (so genannter überperiodischer Verlustabzug). Seit 2004 ist dieser Verlustabzug begrenzt: 40 % der positiven Einkünfte oberhalb eines Schwellenbetrags von 1 Mio. Euro werden auch dann der Ertragsbesteuerung unterworfen, wenn bisher noch nicht ausgeglichene Verluste vorliegen (so genannte Mindestbesteuerung). Damit wird die Wirkung des Verlustabzugs in die Zukunft verschoben.
Verrechnung des Verlusts mit Gewinn an Mindestbesteuerung gescheitert
Im hier vorliegenden Streitfall musste eine Kapitalgesellschaft eine ihr zustehende Geldforderung zu einem Bilanzstichtag in voller Höhe auf Null abschreiben, wodurch ein Verlust entstand. Zwei Jahre später kam es zu einer gegenläufigen Wertaufstockung, was einen entsprechenden Gewinn zur Folge hatte. Eine vollständige Verrechnung des Verlusts mit dem Gewinn im Wege des Verlustabzugs scheiterte im Gewinnjahr an der Mindestbesteuerung. Zwischenzeitlich war die Kapitalgesellschaft insolvent geworden, so dass sich der nicht ausgeglichene Verlust steuerlich auch in der Folgezeit nicht mehr auswirken konnte. In dem dadurch bewirkten Definitiveffekt der Mindestbesteuerung sieht der Bundesfinanzhof einen gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragssteuerrechtlichen Nettoprinzips. Darüber, ob das zutrifft, wird nun das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.09.2014
Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online
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