21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.
ergänzende Informationen

Bundesfinanzhof Beschluss26.08.2010

BFH äußert verfassungs­rechtliche Zweifel an so genannter Mindest­besteuerungFür endgültigen Ausfall des Verlustabzugs muss gesetzliche Vorsorge getroffen werden

In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die so genannte Mindest­be­steuerung in bestimmten Situationen zu einer verfas­sungs­rechtlich unangemessenen Besteuerung führen kann.

Seit 2004 dürfen in den Vorjahren nicht ausgeglichene negative Einkünfte in den folgenden Veran­la­gungs­zeit­räumen zwar bis zur Höhe von 1 Mio. Euro unbeschränkt von einem entsprechend hohen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, ein übersteigender Verlustbetrag aber nur bis zu 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte. Bei einem bestehenden Verlustvortrag in Höhe von z. B. 3 Mio. Euro und einem zu versteuernden Einkommen vor Verlu­s­t­aus­gleich im aktuellen Jahr in Höhe von z. B. 2 Mio. Euro bedeutet das: Es können lediglich 1,6 Mio. Euro der Verluste ausgeglichen werden, während für 400.000 Euro Steuern anfallen. Die verbleibenden Verluste können erst in den Folgejahren abgezogen werden.

Allgemein kein Verfas­sungs­verstoß

Allgemein wird in dieser liqui­di­täts­be­las­tenden zeitlichen "Streckung" des Verlustabzugs kein Verfas­sungs­verstoß gesehen. Das gilt aber nur solange, wie ein Abzug der verbleibenden Verluste in Folgejahren prinzipiell möglich ist. Bedenken bestehen jedoch, wenn es zu einem endgültigen Fortfall der Verlust­nut­zungs­mög­lichkeit kommt. Diesen Bedenken hat der Bundesfinanzhof nun angeschlossen.

BFH erwägt verfas­sungs­konforme Normauslegung

Das konkrete Verfahren betraf eine GmbH, die hohe Verluste erwirtschaftet und diese wegen der Mindestbesteuerung nur teilweise abziehen konnte. In der Folgezeit kam es zu einer Umstruk­tu­rierung und einem Gesell­schaf­ter­wechsel, der dazu führte, dass der wegen der Mindest­be­steuerung nicht ausgenutzte Verlustvortrag nach § 8 c des Körper­schaft­steu­er­ge­setzes (KStG) in Gänze verloren ging. Der Bundesfinanzhof hat ernstliche Zweifel an der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Mindest­be­steuerung, soweit sie für einen derartigen endgültigen Ausfall des Verlustabzugs keine gesetzliche Vorsorge trifft. Er erwägt deswegen eine verfas­sungs­konforme Normauslegung. Offen bleibt, ob § 8 c KStG nicht seinerseits Verfas­sungs­be­denken aufwirft.

Quelle: Bundesfinanzhof/ ra-online

der Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die sog. Mindest­be­steuerung gemäß § 10 d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F. verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen auch dann standhält, wenn eine Verlust­ver­rechnung in späteren Veran­la­gungs­zeit­räumen aus rechtlichen Gründen (hier: nach § 8 c KStG 2002 n.F.) endgültig ausgeschlossen ist.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss10469

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI