18.10.2024
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Bundesfinanzhof Beschluss26.08.2010

BFH äußert verfassungs­rechtliche Zweifel an so genannter Mindest­besteuerungFür endgültigen Ausfall des Verlustabzugs muss gesetzliche Vorsorge getroffen werden

In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die so genannte Mindest­be­steuerung in bestimmten Situationen zu einer verfas­sungs­rechtlich unangemessenen Besteuerung führen kann.

Seit 2004 dürfen in den Vorjahren nicht ausgeglichene negative Einkünfte in den folgenden Veran­la­gungs­zeit­räumen zwar bis zur Höhe von 1 Mio. Euro unbeschränkt von einem entsprechend hohen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, ein übersteigender Verlustbetrag aber nur bis zu 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte. Bei einem bestehenden Verlustvortrag in Höhe von z. B. 3 Mio. Euro und einem zu versteuernden Einkommen vor Verlu­s­t­aus­gleich im aktuellen Jahr in Höhe von z. B. 2 Mio. Euro bedeutet das: Es können lediglich 1,6 Mio. Euro der Verluste ausgeglichen werden, während für 400.000 Euro Steuern anfallen. Die verbleibenden Verluste können erst in den Folgejahren abgezogen werden.

Allgemein kein Verfas­sungs­verstoß

Allgemein wird in dieser liqui­di­täts­be­las­tenden zeitlichen "Streckung" des Verlustabzugs kein Verfas­sungs­verstoß gesehen. Das gilt aber nur solange, wie ein Abzug der verbleibenden Verluste in Folgejahren prinzipiell möglich ist. Bedenken bestehen jedoch, wenn es zu einem endgültigen Fortfall der Verlust­nut­zungs­mög­lichkeit kommt. Diesen Bedenken hat der Bundesfinanzhof nun angeschlossen.

BFH erwägt verfas­sungs­konforme Normauslegung

Das konkrete Verfahren betraf eine GmbH, die hohe Verluste erwirtschaftet und diese wegen der Mindestbesteuerung nur teilweise abziehen konnte. In der Folgezeit kam es zu einer Umstruk­tu­rierung und einem Gesell­schaf­ter­wechsel, der dazu führte, dass der wegen der Mindest­be­steuerung nicht ausgenutzte Verlustvortrag nach § 8 c des Körper­schaft­steu­er­ge­setzes (KStG) in Gänze verloren ging. Der Bundesfinanzhof hat ernstliche Zweifel an der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Mindest­be­steuerung, soweit sie für einen derartigen endgültigen Ausfall des Verlustabzugs keine gesetzliche Vorsorge trifft. Er erwägt deswegen eine verfas­sungs­konforme Normauslegung. Offen bleibt, ob § 8 c KStG nicht seinerseits Verfas­sungs­be­denken aufwirft.

Quelle: Bundesfinanzhof/ ra-online

der Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die sog. Mindest­be­steuerung gemäß § 10 d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F. verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen auch dann standhält, wenn eine Verlust­ver­rechnung in späteren Veran­la­gungs­zeit­räumen aus rechtlichen Gründen (hier: nach § 8 c KStG 2002 n.F.) endgültig ausgeschlossen ist.

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