Dokument-Nr. 14896
Permalink https://urteile.news/
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil25.03.2011, 7 Sa 7/11
Bundesarbeitsgericht Urteil13.12.2012
Keine Zurückweisung der Betriebsratsanhörung aufgrund fehlenden VollmachtsnachweisesAnhörung auch mündlich oder telefonisch möglich
Der Betriebsrat kann die Anhörung zu einer beabsichtigten Kündigung durch einen Boten oder Vertreter des Arbeitgebers nicht entsprechend § 174 Satz 1 BGB zurückweisen, wenn der Anhörung keine Vollmachtsurkunde beigefügt ist.
Das beklagte Luftfahrtunternehmen, eine Aktiengesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in Griechenland, beschäftigte in der Bundesrepublik Deutschland an fünf Standorten 69 Arbeitnehmer im Bodenbetrieb. Die Klägerin arbeitete als "Sales Representative" am Standort Stuttgart. Die Fluggesellschaft wurde im Oktober 2009 der Sonderliquidation nach griechischem Recht unterstellt. Als Sonderliquidatorin wurde eine andere Aktiengesellschaft griechischen Rechts eingesetzt. Die Sonderliquidatorin entschloss sich, die deutschen Standorte zu schließen und alle Arbeitsverhältnisse zu kündigen.
Schreiben des Betriebsrats enthielt keine Vollmachtsurkunde
Über Rechtsanwalt G hörte die Sonderliquidatorin den Betriebsrat des Standorts Stuttgart mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 zu der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin an. Dem Schreiben war keine Vollmachtsurkunde beigefügt. Der Betriebsrat wies die Anhörung deshalb unter dem 21. Dezember 2009 zurück. Rechtsanwalt G kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 29. Dezember 2009 zum 31. März 2010. Die Klägerin hat mit der Kündigungsschutzklage sowohl ihre Arbeitgeberin als auch die Sonderliquidatorin unbedingt verklagt. Sie hält die Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG für unwirksam, weil der Anhörung des Betriebsrats kein Vollmachtsnachweis des handelnden Rechtsanwalts beigefügt gewesen sei.
BAG erklärt Kündigung für wirksam
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Die Klage richtete sich nach gebotener Auslegung von vornherein allein gegen die Arbeitgeberin der Klägerin, weil die Sonderliquidatorin nach griechischem Recht nur Stellvertreterin war. Die Kündigung ist wirksam. Der Betriebsrat konnte seine Anhörung nicht analog § 174 Satz 1 BGB wegen fehlenden Vollmachtsnachweises zurückweisen. Der Zweck des Anhörungserfordernisses steht einer entsprechenden Anwendung von § 174 BGB entgegen. Das Verfahren nach § 102 BetrVG ist nicht an Formvorschriften gebunden. Eine mündliche oder telefonische Anhörung ist möglich. Auch in einem solchen Fall beginnt die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu laufen. Hat der Betriebsrat Zweifel an der Boten- oder Vertreterstellung der ihm gegenüber bei der Anhörung auftretenden Person, kann er sich nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber äußern.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.12.2012
Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil14896
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.