21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil11.12.2019

Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung ist auch bei neuer Erkrankung während bestehender Arbeits­un­fä­higkeit auf sechs Wochen beschränktFür weiteren Anspruch muss erste krank­heits­be­dingte Arbeits­ver­hin­derung zum Zeitpunk der neuen Erkrankung beweisbar beendet gewesen sein

Der gesetzliche Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt, wenn während bestehender Arbeits­un­fä­higkeit eine neue, auf einem anderen Grundleiden beruhende Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeits­un­fä­higkeit zur Folge hat (Grundsatz der Einheit des Verhin­de­rungsfalls). Ein neuer Entgelt­fortzahlungs­anspruch entsteht nur, wenn die erste krank­heits­be­dingte Arbeits­ver­hin­derung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, zu dem die weitere Erkrankung zur Arbeits­un­fä­higkeit führte. Die geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls war bei der Beklagten bis zum 31. Juli 2017 als Fachkraft in der Altenpflege beschäftigt. Seit dem 7. Februar 2017 war sie infolge eines psychischen Leidens arbeitsunfähig. Die Beklagte leistete Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis einschließlich 20. März 2017. Im Anschluss bezog die Klägerin auf der Grundlage von Folge­be­schei­ni­gungen ihrer Hausärzte, die zuletzt am 5. Mai 2017 eine bis einschließlich 18. Mai 2017 fortbestehende Arbeitsunfähigkeit attestierten, Krankengeld. Am 19. Mai 2017 unterzog sich die Klägerin wegen eines gynäkologischen Leidens einer seit längerem geplanten Operation. Ihre niedergelassene Frauenärztin bescheinigte am 18. Mai 2017 als "Erstbe­schei­nigung" eine Arbeits­un­fä­higkeit vom 19. Mai 2017 bis zum 16. Juni 2017 und durch Folge­be­schei­nigung eine fortbestehende Arbeits­ver­hin­derung bis einschließlich 30. Juni 2017. Im Juli 2017 erbrachte die Klägerin im Hinblick auf ihr gewährten Urlaub und Überstun­de­n­aus­gleich keine Arbeits­leis­tungen mehr und begann eine Psychotherapie bei einem Neurologen.

Klägerin verlangt Entgelt­fort­zahlung

Die Klägerin erhielt in der Zeit vom 19. Mai bis zum 29. Juni 2017 weder von der Beklagten Entgelt­fort­zahlung noch von ihrer Krankenkasse Krankengeld. Mit ihrer Klage verlangte sie für diesen Zeitraum von der Beklagten die Zahlung von 3.364,90 Euro brutto nebst Zinsen. Sie machte geltend, dass sie ab dem 19. Mai 2017 wegen eines neuen Leidens arbeitsunfähig gewesen sei. Die Arbeits­un­fä­higkeit wegen ihrer psychischen Erkrankung habe am 18. Mai 2017 geendet. Die Beklagte beantragte Klageabweisung und vertrat die Auffassung, dass den Umständen nach von einem einheitlichen Verhin­de­rungsfall auszugehen sei. Die Klägerin habe deshalb nur einmal für die Dauer von sechs Wochen Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall beanspruchen können. Diesen Anspruch habe sie erfüllt.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landes­a­r­beits­gericht wies die Klage - nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von drei Ärzten - ab.

BAG: Arbeits­un­fä­higkeit ist als einheitlicher Verhin­de­rungsfall anzusehen

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht keinen Erfolg. Ist der Arbeitnehmer krank­heits­bedingt arbeitsunfähig und schließt sich daran in engem zeitlichen Zusammenhang eine im Wege der "Erstbe­schei­nigung" attestierte weitere Arbeits­un­fä­higkeit an, hat der Arbeitnehmer im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass die vorangegangene Arbeits­un­fä­higkeit im Zeitpunkt des Eintritts der weiteren Arbeits­ver­hin­derung geendet hatte. Dies ist der Klägerin nicht gelungen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat durch Vernehmung der die Klägerin behandelnden Ärzte umfassend Beweis erhoben. Danach konnte nicht festgestellt werden, dass ein einheitlicher Verhin­de­rungsfall nicht vorlag. Das gilt umso mehr als nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Untersuchung der Klägerin durch den behandelnden Arzt bei der Feststellung der bis einschließlich 18. Mai 2017 attestierten Arbeits­un­fä­higkeit nicht erfolgte.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online (pm/kg)

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