14.12.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 33839

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Bundesarbeitsgericht Urteil20.03.2024

BAG zu Lohnfortzahlung während QuarantäneLohnfortzahlung wegen Covid auch für Ungeimpfte

Eine SARS-CoV-2-Infektion stellt auch bei einem symptomlosen Verlauf eine Krankheit nach § 3 Abs. 1 EFZG dar, die zur Arbeits­un­fä­higkeit führt, wenn es dem Arbeitnehmer infolge einer behördlichen Absonderungs­anordnung rechtlich unmöglich ist, die geschuldete Tätigkeit bei dem Arbeitgeber zu erbringen und eine Erbringung in der häuslichen Umgebung nicht in Betracht kommt.

Der Kläger ist als Produk­ti­o­ns­mi­t­a­r­beiter bei der Beklagten, einem Unternehmen der kunst­stoff­ver­a­r­bei­tenden Industrie, beschäftigt. Er hatte sich keiner Schutzimpfung gegen das Coronavirus unterzogen und wurde am 26. Dezember 2021 positiv auf das Virus getestet. Für die Zeit vom 27. bis zum 31. Dezember 2021 wurde dem unter Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen leidenden Kläger eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Für diese Zeit leistete die Beklagte Entgeltfortzahlung. Am 29. Dezember 2021 erließ die Gemeinde N. eine Verfügung, nach der für den Kläger bis zum 12. Januar 2022 Isolierung (Quarantäne) in häuslicher Umgebung angeordnet wurde. Für die Zeit vom 3. bis zum 12. Januar 2022 lehnte der Arzt die Ausstellung einer Folge-Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung mit der Begründung ab, das positive Testergebnis und die Absonderungsanordnung würden zum Nachweis der Arbeits­un­fä­higkeit ausreichen. Mit der Verdien­st­a­b­rechnung für Januar 2022 nahm die Beklagte für diese Zeit vom Lohn des Klägers einen Abzug in Höhe von ca. 1.000 Euro brutto vor. Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung dieses Betrags verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung verurteilt.

COVID-19 stellt auch ohne Symptome eine Krankheit dar

Die Revision der Beklagten blieb vor dem Bundes­a­r­beits­ge­richts ohne Erfolg. Das Berufungs­gericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger aufgrund der SARS-CoV-2-Infektion durch Arbeits­un­fä­higkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war, ohne dass es darauf ankam, ob bei ihm durchgehend Symptome von COVID-19 vorlagen. Die SARS-CoV-2-Infektion stellt einen regelwidrigen Körperzustand und damit eine Krankheit dar, die zur Arbeits­un­fä­higkeit geführt hat. Die Abson­de­rungs­a­n­ordnung ist keine eigenständige, parallele Ursache für Arbeits­un­fä­higkeit, vielmehr beruht das daraus resultierende Tätig­keits­verbot gerade auf der Infektion (Monokausalität). Diese ist die nicht hinweg­zu­denkende Ursache für die nachfolgende Abson­de­rungs­a­n­ordnung. Aufgrund der SARS-CoV-2-Infektion war es dem Kläger rechtlich nicht möglich, die geschuldete Arbeitsleistung im Betrieb der Beklagten zu erbringen (§ 275 Abs. 1 BGB).

Corona-Infektion auch mit Impfung nicht ausgeschlossen

Ohne Rechtsfehler hat das Landes­a­r­beits­gericht des Weiteren angenommen, es könne nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden, dass das Unterlassen der empfohlenen Corona-Schutzimpfung für die SARS-CoV-2-Infektion ursächlich war. Das Berufungs­gericht hat hierbei zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die Nichtvornahme der Schutzimpfungen einen gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen zu erwartende Verhalten darstellte (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Es hat jedoch in revisi­ons­rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Gefahr von Impfdurch­brüchen in die Kausa­li­täts­prüfung einbezogen. Die wöchentlichen Lageberichte des RKI und dessen Einschätzung der Impfef­fek­tivität ließen - so das Landes­a­r­beits­gericht - nicht den Schluss zu, dass Ende Dezember 2021/Anfang Januar 2022 die beim Kläger aufgetretene Corona-Infektion durch die Inanspruchnahme der Schutzimpfung hätte verhindert werden können.

Vorlage der gemeindlichen Quaran­tä­ne­ver­fügung als Nachweis der Arbeits­un­fä­higkeit ausreichend

Der Beklagten stand ein Leistungs­ver­wei­ge­rungsrecht wegen nicht vorgelegter Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung nicht zu (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Das Landes­a­r­beits­gericht hat richtig erkannt, dass der Kläger der Beklagten durch Vorlage der Ordnungs­ver­fügung der Gemeinde N. in anderer, geeigneter Weise nachgewiesen hat, infolge seiner Corona-Infektion objektiv an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert zu sein.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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