21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil22.03.2017

BAG erklärt nachver­tragliche Wettbe­wer­bs­verbote ohne enthaltene Karen­zent­schä­digung für nichtigIn AGB enthaltene salvatorische Klausel führt nicht zur Wirksamkeit des Wettbe­wer­bs­verbots

Das Bundes­arbeits­gericht hat entschieden, dass ein nachver­trag­liches Wettbe­wer­bs­verbot nichtig ist, wenn die Vereinbarung entgegen § 110 GewO i.V.m. § 74 Abs. 2 HGB keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Karen­zent­schä­digung beinhaltet. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können aus einer solchen Vereinbarung Rechte herleiten. Eine in Allgemeinen Geschäfts­bedingungen enthaltene salvatorische Klausel führt nicht - auch nicht einseitig zugunsten des Arbeitnehmers - zur Wirksamkeit des Wettbe­wer­bs­verbots.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens war von Mai 2008 bis Dezember 2013 als Indus­trie­kauffrau bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung der Klägerin. Im Arbeitsvertrag ist ein Wettbewerbsverbot vereinbart, welches der Klägerin untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertrags in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu sein, das mit der Beklagten in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 Euro vorgesehen. Eine Karen­zent­schä­digung sieht der Arbeitsvertrag nicht vor. Die "Neben­be­stim­mungen" des Arbeitsvertrags enthalten eine sogenannte salvatorische Klausel, wonach der Vertrag im Übrigen unberührt bleiben soll, wenn eine Bestimmung nichtig oder unwirksam ist. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung solle eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertrags­parteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrags gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss des Vertrags die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.

In Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen enthaltene salvatorische Klausel kann Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB nicht heilen

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin, die das Wettbe­wer­bs­verbot eingehalten hat, für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2015 eine monatliche Karen­zent­schä­digung in Höhe von 604,69 Euro brutto. Arbeitsgericht und Landes­a­r­beits­gericht gaben der Klage statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Wettbe­wer­bs­verbote, die keine Karen­zent­schä­digung vorsehen, sind nichtig. Weder kann der Arbeitgeber aufgrund einer solchen Vereinbarung die Unterlassung von Wettbewerb verlangen noch hat der Arbeitnehmer bei Einhaltung des Wettbe­wer­b­verbots Anspruch auf eine Karen­zent­schä­digung. Eine in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen enthaltene salvatorische Klausel kann einen solchen Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB nicht heilen und führt nicht - auch nicht einseitig zugunsten des Arbeitnehmers - zur Wirksamkeit des Wettbe­wer­bs­verbots.

(Un-)Wirksamkeit muss sich aus Vereinbarung ergeben

Wegen der Notwendigkeit, spätestens unmittelbar nach der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Wettbe­wer­bs­verbots zu treffen, muss sich die (Un-)Wirksamkeit aus der Vereinbarung ergeben. Daran fehlt es bei einer salvatorischen Klausel, nach der wertend zu entscheiden ist, ob die Vertrags­parteien in Kenntnis der Nichtigkeit der Vereinbarung eine wirksame Vereinbarung abgeschlossen hätten und welchen Inhalt die Entschä­di­gungs­zusage gehabt hätte.

§ 110 GewO lautet:

Wettbewerbsverbot

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbe­wer­bs­verbot). Die §§ 74 bis 75f des Handels­ge­setz­buches sind entsprechend anzuwenden.

§ 74 HGB lautet:

(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungs­ge­hilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienst­ver­hält­nisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbe­wer­bs­verbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.

(2) Das Wettbe­wer­bs­verbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungs­ge­hilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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